...
Wollgras, Eriophorum

Wollgras – Ökologie, Verwendung und Kultur

8 Minuten Lesezeit

Das Wollgras (Eriophorum) wird optisch gerne mit der Baumwolle oder gar den Pusteblumen des Löwenzahns verwechselt. Gerade mit Blick auf Baumwolle ist das Sauergras allerdings deutlich weniger belastend für die Umwelt.

Im Gegenteil, spielt das Sauergras eine wichtige Bedeutung in der Renaturierung von Hochmooren. Und auch im Moorbeet sollte Eriophorum nicht fehlen.

Steckbrief zum Wollgras

Leaf Divider

  • Wissenschaftlicher Name: Eriophorum
  • Herkunft: Nordhalbkugel
  • Wuchshöhe: 20 bis 70 cm
  • Blütezeit: April bis Juni
  • Blüten: grüne bis bräunliche Blütenähren
  • Frucht: Karyopsen mit wolligen Büscheln
  • Blätter: Schmale, grasartige Blätter
  • Lichtverhältnisse: vollsonnig bis halbschattig
  • Wasserbedarf: hoch
  • Boden: sandig-lehmig
  • Boden-pH-Wert: sauer
  • Winterhärte: bis -30 °C winterhart
  • Verwendung: Zierpflanze, Moorpflanze, Renaturierung

 

Besonderheiten des Wollgrases

Obwohl sich Wollgras, Baumwolle und die Pusteblumen von Löwenzahn auf den ersten Blick sehr ähnlich sehen, gibt es doch signifikante Unterschiede zwischen den drei Pflanzen. Das gilt sowohl für taxonomische Eigenschaften der Gewächse als auch für ökologische Besonderheiten.

So gehört das Eriophorum anders als Löwenzahn und Baumwolle zum Beispiel zur Familie der Sauergräser. Die Blätter sind anders als beim Löwenzahn sehr schmal und grasartig. Darüber hinaus handelt es sich bei Wollgräsern ausnahmslos um krautige Stauden, die nicht verholzen, wie es etwa für manche Baumwollarten üblich ist.

Mit Blick auf die Umwelt ist der Anbau von Baumwolle zudem ökologisch eher bedenklich. Im Gegensatz dazu gilt Eriophorum als ökologisch besonders wertvoll, da es außergewöhnlich wichtig für die Renaturierung von Feuchtbiotopen ist.

 

Wollgräser, Scheuchzers Wollgras, Eriophorum scheuchzeri
Das vermeintliche Baumwollfeld: eine Wiese voller Wollgräser

Aussehen und Wuchs

Das 20 bis 70 cm hohe Wollgras bildet für Gräser typische Blatthorste mit schmalen, linealischen Blattspreiten aus. Allerdings sind besagte Blatthorste bei Eriophorum besonders borstig.

Eher unscheinbar zeigen sich hingegen die ährigen Blütenstände der Pflanze, die je nach Art grünlich oder bräunlich erscheinen und in dichten, kugeligen Köpfchen angeordnet sind.

Deutlich charakteristischer sind die namensgebenden Fruchtstände der Wollgräser, die aus diesen unscheinbaren Blüten hervorgehen. Sie sind von langen, seidigen bis wollartigen Härchen umgeben, die watteartige, weiß-silbrige bis orange Büschel formen.

In diesem Punkt unterscheiden sich Wollgräser selbst von artverwandten Sauergräsern von denen kaum eines solch markante Fruchtbüschel ausbildet.

 

Wollgras, Eriophorum
Die wolligen Fruchtbüschel von Eriophorum sehen den Samenschirmchen der Löwenzähne zum Verwechseln ähnlich.

Verwendung als Ziergras

Das wollige Aussehen der Fruchtstände macht Eriophorum zu einem unverwechselbaren Anblick in Moorlandschaften. Und auch im Garten hat es sich wegen seiner schmuckvollen Fruchtständen zu einem beliebten Ziergras entwickelt.

Ähnlich wie seine Artverwandten aus der Familie der Sauergräser (z.B. Segge, Simse, Binse oder Zypergras) wird das feuchtigkeitsliebende Sauergras hier am Gartenteich gepflanzt, wo es ziervolle Akzente am Teichufer setzt.

Gleichwohl eignet sich Wollgras auch als Ziergras im Sumpfgarten oder Moorbeet. Im Schattengarten stellt es zudem eine interessante Lösung für feuchte und schattige Standorte dar. Noch wesentlich wichtiger ist das Sauergras aber, wenn es um die Wiederherstellung von Moorflächen geht.

 

Wollgras, Moorlandschaft
Nicht nur am Gartenteich eine echte Zierde: Wollgräser setzen auch in der Moorlandschaft schmuckvolle Akzente und sind hier sogar von besonderem ökologischen Wert.

Wollgras in der Renaturierung von Moorlandschaften

Wollgras wird inzwischen wieder vermehrt als Pionierpflanze zur Renaturierung von Hochmooren eingesetzt. In dieser Funktion spielt es einerseits eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung von Moorböden.

Durch seine dichte Bewurzelung kann Eriophorum dabei helfen, den Wasserhaushalt im Boden zu regulieren und so zur Wiedervernässung von degradierten Mooren beitragen. Des Weiteren kann die Pflanze eine wichtige Rolle bei der Eindämmung von Pfeifengras spielen.

Pfeifengras ist eine äußerst konkurrenzstarke Grasart, die häufig in entwässerten Mooren und anderen gestörten Feuchtgebieten dominiert. Es breitet sich rasch aus, führt zur Verlandung von Seichtwasserzonen und kann so die natürliche Moorvegetation verdrängen, was die Renaturierung erheblich erschwert.

Wollgras ist jedoch in der Lage, durch seine Anpassung an die nassen und sauren Bedingungen von Hochmooren die Ausbreitung von Pfeifengras zu hemmen. Im Rahmen der Wiedervernässung von Moorlandschaften schafft es nämlich eine Umgebung, die für Pfeifengras weniger geeignet ist.

Durch die Förderung einer höheren Wassersättigung und eines niedrigeren Boden-pH-Wertes, ebenso wie durch die Wiederherstellung der torfbildenden Vegetation reduziert Eriophorum die Konkurrenzkraft des Pfeifengrases, da dieses auf trockenere Böden und höhere pH-Werte des Bodens angewiesen ist, um zu gedeihen.

Kurzum: Wer Moorlandschaften renaturieren möchte, kann auf Wollgras nicht verzichten.

 

Wollgräser, Moorlandschaft
Wollgras in einer renaturierten Moorlandschaft im Hohen Venn

Wollgras pflanzen

 

Wie bereits aufgezeigt, ist Wollgras ziervoll und ökologisch wertvoll zugleich. Es sollte deshalb eigentlich in jeder Flora stehen, das kleinere oder größere Wasservorkommen besitzt, um diese zu erhalten. Mit einer beeindruckenden Winterhärte bis -30 °C ist das Sauergras dabei auch unglaublich ausdauernd und robust.

Ebenso kommt es hervorragend mit sehr sauren Böden zurecht. Das ist im Übrigen eine interessante Eigenart, die Wollgras für die Vernässung von ehemaligen Waldflächen prädestiniert, die durch den Anbau von Monokulturen aus Nadelgehölzen übersäuert wurden.

Standort und Boden

Wollgräser sind typisch für die Flora von Feuchtbiotopen in der nördlichen Hemisphäre. Sowohl in Nordamerika als auch in Europa und Asien wachsen sie vorwiegend in Feuchtgebieten wie Mooren und Sümpfen.

Im Garten bieten sich deshalb als Standorte entweder Moorbeete, Teichufer oder der Gewässerrand von Fließgewässern wie Bächen an. Dabei kommt Eriophorum mit sonnigen wie halbschattigen Standorten gleichermaßen gut zurecht.

In Sachen Boden-pH-Wert ist das Wollgras der Inbegriff der Sauergräser, denn es bevorzugt sehr saure Böden um die 3,5 bis 5,5 Punkte. Ergänzend sollte der Boden vergleichsweise Nährstoffarm und natürlich durchgehend feucht bis nass sein. Eine ideale Substratmischung bietet bei diesen Standortbedingungen sandig-lehmige Erde.

Pflanztermin

Wollgras pflanzen Sie am besten im Frühjahr, zwischen März und Mai. Zu dieser Zeit ist der Boden ausreichend erwärmt, und es besteht weniger Gefahr von Frostschäden, wodurch das Wollgras gut anwachsen kann.

Alternativ kann es auch im Herbst, etwa im September oder Oktober, gepflanzt werden, wobei jedoch darauf geachtet werden sollte, dass die Pflanze genügend Zeit hat, sich vor dem Winter zu etablieren.

Bodenvorbereitung und Pflanzung

Bereiten Sie für die Pflanzung einen passenden Standortboden aus Lehm und Sand vor, um die natürlichen Standortbedingungen eines Moores zu simulieren. Sollte der natürliche Boden nicht sauer genug sein, können Sie den pH-Wert mit Torfmoos, Kaffeesatz, Schwefel oder Koniferennadeln (z.B. Kiefernnadeln) absenken.

Das Wollgras wird anschließend in einer Pflanztiefe von etwa 5 cm gesetzt, wobei darauf zu achten ist, dass die Wurzeln vollständig mit dem feuchten Substrat bedeckt sind.  Ein Pflanzabstand von 30 bis 40 cm ist ideal, um den Pflanzen ausreichend Platz zur Entwicklung zu geben, ohne dass sie sich gegenseitig verdrängen.

Wollgras gießen und düngen

Düngen muss man Wollgräser in der Regel nicht, da sie nährstoffarme Böden bevorzugen. Allerdings benötigen einen konstant feuchten Boden. An von Natur aus feuchten Standorten sorgen in der Regel natürliche Niederschläge für eine ausreichende Bewässerung.

Gerade dann, wenn der Standort etwas trockener ist oder eine Wiedervernässung von Feuchtgebieten erst noch abgeschlossen werden muss, ist eine manuelle Bewässerung notwendig. Man kann das bepflanzte Areal dann großzügig mit einem Wasserschlauch einschlämmen. Bei kleinen Arealen tut es eine Gießkanne.

Wollgras schneiden und vermehren

Wollgräser benötigen im Allgemeinen keinen regelmäßigen Rückschnitt, da sie sich am besten entwickeln, wenn man sie ungestört sprießen lässt. Bei Bedarf können Sie aber verblühte Stängel im Spätherbst oder im zeitigen Frühjahr knapp über dem Boden abschneiden, um den Neuaustrieb und kompakte Horste zu fördern.

Für die Vermehrung von Wollgras bietet sich vor allem die Wurzelteilung an. Hierfür graben Sie die Pflanze im Frühling oder Herbst aus und teilen den Wurzelballen mit einem scharfen Gartenmesser in zwei gleich große Stücke.

Stellen Sie sicher, dass beide Teilstücke ausreichend bewurzelt sind. Nach der Teilung können Sie die Stücke umgehend an einen neuen Standort verpflanzen.

Wollgräser, Scheuchzers Wollgras, Eriophorum scheuchzeri
Scheuchzers Wollgras am idealen Standort

Wichtige Arten der Gattung Eriophorum

Eriophorum ist eine relativ kleine Gattung der Sauergräser und enthält nur etwa 15 Arten. Diese unterscheiden sich vor allem in ihrer Blattbreite sowie der Farbe ihrer Wollbüschel. Letztere können neben weiß bis silbrig-weiß auch in einer leichten Orangetönung auftreten.

Das ist vor allem bei Variationen von Eriophorum angustifolium der Fall, die unter bestimmten klimatischen oder geographischen Bedingungen wachsen. Gerade in alpinen oder subarktischen Regionen entsteht die orange Tönung der Wollbüschel durch die Kombination von Umweltfaktoren wie Temperatur, Sonnenexposition und Bodenbeschaffenheit, die den Pigmentierungsprozess der Pflanzen beeinflussen.

In allen anderen Fällen sind die Büschel aber weiß gefärbt. Eine Übersicht zu den wichtigsten Arten:

  • Breitblättriges Wollgras (Eriophorum latifolium): stammt aus Europa und Asien; 20 bis 50 cm Wuchshöhe; breitblättrig; zur Renaturierung von Feuchtbiotopen und als Ziergras im Garten ideal
  • Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum): stammt aus Nordamerika, Europa und Asien; Wuchshöhe beträgt 30 bis 60 cm; schmalblättrig; ideal zur Renaturierung von Mooren oder als Ziergras in naturnahen Gärten
  • Scheuchzers Wollgras (Eriophorum scheuchzeri): in Europa und Asien heimisch; Wuchshöhe beträgt 20 bis 40 cm; schmalblättrig; empfehlenswert zur Renaturierung von Hochmooren; gute Zierpflanze für feuchte Standorte
  • Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium): in Nordamerika und Eurasien heimisch; 30 bis 80 cm Wuchshöhe; schmalblättrig; Moor- und Sumpfpflanze, als Zierpflanze für feuchte Gartenbereiche geeignet
  • Schlankes Wollgras (Eriophorum gracile): ebenfalls in Nordamerika, Europa und Asien heimisch; wächst 20 bis 50 cm hoch; schmalblättrig;  beliebtes Ziergras in naturnahen Gärten und Sumpfgärten

 

Mögliche Krankheiten und Schädlinge

Es sind keine besonderen Schadbilder für Wollgras bekannt.

 

FAQs zum Wollgras

Wie beeinflusst Wollgras das Ökosystem von Mooren?

Wollgras spielt eine bedeutende Rolle in Mooren, da es zur Bildung von Torf beiträgt. Durch seine Fähigkeit, große Mengen Wasser zu speichern, reguliert es das Mikroklima und unterstützt die Entwicklung eines einzigartigen Ökosystems. Die dichten Bestände bieten Lebensraum für spezialisierte Pflanzen und Tiere und tragen zur Erhaltung der Feuchtgebiete bei, indem sie den Wasserhaushalt stabilisieren.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Erhaltung von Wollgras in der Natur?

Die Erhaltung von Wollgras ist durch verschiedene Faktoren bedroht, vor allem durch Entwässerung und Eutrophierung von Moorgebieten. Landwirtschaftliche Nutzung und Urbanisierung reduzieren die natürlichen Lebensräume dieser Pflanze erheblich. Um die Bestände zu schützen, sind gezielte Naturschutzmaßnahmen erforderlich, wie das Wiedervernässen von Mooren und die Vermeidung von Nährstoffeinträgen.

Wie kann Wollgras zur Erhaltung der Biodiversität beitragen?

Wollgras fördert die Biodiversität, indem es spezielle Lebensräume in Mooren schafft, die für viele seltene und bedrohte Arten wichtig sind. Die Pflanze bietet Nahrung und Schutz für eine Vielzahl von Insekten, Amphibien und Vögeln. Durch die Schaffung und Erhaltung von Moorlandschaften sorgt Wollgras dafür, dass diese komplexen Lebensgemeinschaften erhalten bleiben und gedeihen können.

In welchen klimatischen Bedingungen gedeiht Wollgras am besten?

Wollgras bevorzugt kühle, feuchte Klimazonen und gedeiht besonders gut in Mooren und Moorwiesen, wo die Böden nass und sauer sind. Diese Bedingungen finden sich vor allem in gemäßigten bis subarktischen Regionen. Hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen begünstigen das Wachstum der Pflanze und verhindern das schnelle Verrotten des Torfes.

Welche Rolle spielt Wollgras in der traditionellen Medizin oder Folklore?

In einigen Kulturen wurde Wollgras aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften in der traditionellen Medizin verwendet. Es findet Anwendung in alten Heilmitteln gegen Atemwegserkrankungen und als beruhigendes Mittel. Während diese Traditionen weniger verbreitet sind, bleibt das Wissen um die Pflanze als Teil des kulturellen Erbes erhalten, besonders in Regionen, in denen Wollgras heimisch ist.


Entdecke mehr von Das Grüne Archiv

Subscribe to get the latest posts sent to your email.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Letzte Beiträge:

Rezepte aus der Herbstküche:

Die Archivgemäuer

Grüne eBooks:

Kräuterwelten, Verdauungskräuter, nach Hildegard von Bingen
Kräuterwelten: Verdauungskräuter
Kräuterwelten, Kräuter und Keime, mit Empfehlungen von Dioskurides
Kräuterwelten:
Kräuter und Keime

mehr…

Themen & Topics:

Translate

Entdecke mehr von Das Grüne Archiv

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen