Frische Preiselbeeren (Vaccinium vitis-idaea) sind im Obsthandel relativ selten geworden. Dabei handelt es sich bei der Heidelbeerart eigentlich um ein sehr altes Traditionsobst. Gerade in Skandinavien und den Niederlanden wird die Preiselbeere schon seit Jahrhunderten kultiviert. Und das Sammeln von Preiselbeerfrüchten lässt sich sogar bis in prähistorische Zeitalter zurückverfolgen. Grund genug, um die Kultbeere einmal genauer zu betrachten.
Inhaltsverzeichnis
ToggleHerkunft und Kulturgeschichte der Preiselbeere
Preiselbeeren muten ein wenig wie eine Mischung aus Cranberry und Blaubeere an, wobei ihre kräftig rote Farbe an Cranberries, ihre rundliche Fruchtform wiederum an Blaubeeren erinnert. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die drei Beerensorten sind direkte Artverwandte und gehören allesamt zur Gattung der Heidelbeeren. Und ähnlich wie ihre Artgenossen erfreut sie sich in zahlreichen europäischen Nationalküchen großer Beliebtheit. Allerdings die Kultur der Preiselbeere nicht ganz einfach.
Eine klassische Moorbeetpflanze
Die Preiselbeere ist ein niedrig wachsender, nur etwa 10 bis 40 cm hoher Zwergstrauch aus der Familie der Heidekrautgewächse, deren Ursprungsgebiete sich in den gemäßigten und subpolaren Regionen der Nordhalbkugel finden. Insbesondere in Skandinavien, Russland, Nordasien und Nordamerika sind Preiselbeeren weit verbreitet.
Dabei gedeiht der Preiselbeerstrauch gedeiht bevorzugt auf sauren, torfhaltigen Böden und ist an seinen Naturstandorten vor allem in Sumpfgebieten von Wäldern und Moorlandschaften anzutreffen. Fürs herkömmliche Gartenbeet ist die Preiselbeere also nichts. Allenfalls in Moorbeeten lässt sich die Pflanze kultivieren.
Weil die Preiselbeeren in Sachen Standort so wählerisch sind, hält sich ihre landwirtschaftliche Kulturfläche weltweit auch in Grenzen. In Deutschland wahren es während der 1990er Jahre gerade einmal 50 Hektar Anbaufläche. Deutlich häufiger werden Preiselbeeren in Nordeuropa und Osteuropa angebaut, wo die rote Heidelbeerart gleichzeitig auch die längste Kulturgeschichte aufweist.
Zwar ist über die altertümliche Preiselbeerkultur schriftlich nicht viel überliefert, doch einige Dokumente aus Schweden und Island zeigen auf, wie lange die Beere bereits in Kultur ist. So erwähnt das alt-isländische Gesetzbuch Grágás die Preiselbeere zum Beispiel bereits im 12. Jahrhundert und left fest, dass man auf fremdem Grundstück nur so viele Preiselbeeren ernten darf, wie man an Ort und Stelle verzehren kann. Im Rest Skandinaviens war der Anbau von Preiselbeeren während dem Altertum sogar per Gesetz abgabepflichtig, was ihren hohen Marktwert widerspiegelt.
Eine Heidelbeerart mit vielen Namen
Dass Preiselbeeren, die auf Englisch übrigens Lingonbeeries heißen, gerade in Osteuropa eine Beerenlegende ist, zeigt sich schon an ihrem Namen. Dessen Ursprung wird nämlich im Slawischen vermutet und leitet sich höchstwahrscheinlich vom altrussisch-kirchenslawischen obrusti für „abstreiben“ ab. Der Name nimmt Bezug auf die Tatsache, dass sich Preiselbeeren bei der Ernte vom Strauch leicht abstreifen lassen.
Wie dieses Abstreifen traditionell erfolgt, darüber gibt der volkstümliche Name der Preiselbeere in der Schweiz, Riffelbeere, Aufschluss. Das Wort Riffel oder Riffli doch auf die alten, einem Rechen ähnelden Metall- bzw. Holzkämme, die früher zur Ernte von Preiselbeeren verwendet wurden.
Weitere gängige Volksnamen der Preiselbeeren in Österreich, Bayern und der Schweiz sind Granten, Klosterbeere, Fuchsbeere, Griffelbeere und Kronsbeere. Letzterer bezieht sich auf die kronenförmigen Kelchzipfel der Preiselbeere, die sie mit der Blaubeere gemeinsam hat.
Die skandinavische und slawische Kultbeere
Vor allem in Skandinavien und Russland wurden Preiselbeeren schon früh von Menschen gesammelt und für ihre heilenden Eigenschaften geschätzt. In der russischen Volksheilkunde werden gerne Preiselbeerentee und Preiselbeerensaft gegen Erkältungen, Harnwegsinfektionen und Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.
In Skandinavien nutzt man die Preiselbeerfrüchte ebenfalls gerne zur Behandlung von Harnwegsinfekten und hier insbesondere bei Blasenentzündung. Damit ähnelt Preiselbeeren der Cranberry in ihrer Anwendung sehr. Wie die artverwandten Cranberries ist nämlich auch die Preiselbeere reich an Antioxidantien, deren entzündungshemmende und antimikrobielle Eigenschaften den Preiselbeeren gute Wirkung gegen Infektionen verleihen. Darüber hinaus sind Rezepte wie Preiselbeermarmelade und Preiselbeersoße in Skandinavien eine beliebte Beilage zu Wildgerichten.
Wissenswertes: Laut mythologischer Überlieferung der finnischen Kalevala soll die Jungfrau Marjatta nach dem Verzehr von Preiselbeerfrüchten schwanger geworden sein. Der Sohn, den sie darauf hin gebar, soll sogar den finnischen Nationalhelden Väinämöinen an Weisheit und Macht übertroffen haben. Die Legende ist möglicherweise ein Hinweis auf die vitalisierenden und die Gehirnfunktion stärkenden Eigenschaften der antioxidativen Wirkstoffe in der Preiselbeere.
Außerhalb Skandinaviens und Osteuropas wohlbekannt ist speziell Preiselbeermarmelade ferner als Beilage zu Camembert, Waffeln und Schnitzel beliebt. In anderen Ländern werden sie zu Marmeladen, Saucen oder Säften verarbeitet. Preiselbeeren sind nicht nur geschmacklich ansprechend, sondern enthalten auch eine Vielzahl von Vitaminen, Antioxidantien und anderen gesundheitsfördernden Verbindungen.
Inhaltsstoffe und Wirkung der Preiselbeeren
Ähnlich wie ihre Artverwandten Blaubeere und Cranberry verdanken Preiselbeeren ihre Wirkung so großen Teilen den in ihnen enthaltenen Anthocyanen. Die rot bis blau-violett färbende Gruppe der Pflanzenfarbstoffe ist für ihre antimikrobiellen, antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt. Daneben enthält die Preiselbeere noch einige weitere interessante bioaktive Verbindungen.
Inhaltsstoffe der Preiselbeere
Studien konnten in der Preiselbeere eine Reihe wertvoller Nährstoffe und medizinische Wirkstoffe nachweisen. Dazu gehören unter anderem:
- Anthocyane
- Flavonoide
- Kalium
- Kalzium
- Magnesium
- Polyphenole
- Quercetin
- Vitamin C
Damit ist die Preiselbeere nahrhaft und gesundheitsfördernd in einem, weshalb ihr der Status als Superfood durchaus zusteht.
Anwendung und Dosierung der Preiselbeere
Theoretisch kann man Preiselbeeren auch roh essen oder roh als Zutat für Smoothies, Joghurts und Obstsalate verwenden. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die Beeren im Rohzustand einen herb-säuerlichen und leicht bitteren Geschmack haben. Gegebenenfalls muss man sie daher etwas nachsüßen.
Preiselbeererzeugnisse gibt es in zahlreichen Varianten. Relativ häufig gibt es Preiselbeeren im Glas zu kaufen. Weitere beliebte Preiselbeeren-Rezepte sind Preiselbeerenmarmelade, Preiselbeeren als Konfitüre, Preiselbeersoße und getrocknete Preiselbeeren. Gerne in Eingemachtem, Marmeladen, Konfitüre und Säften kombiniert werden zudem Preiselbeeren und Johannisbeeren oder Waldbeeren.
Eher selten gibt es frische Preiselbeeren zu kaufen. Hierfür muss man die Beeren während der Erntesaison zwischen Spätsommer und Herbst in der Regel entweder selbst ernten oder direkt bei einem Preiselbeerbauern vom Hof einkaufen.
Preiselbeeren pflanzen – Standort und Pflege
Eigentlich sind Preiselbeeren gut winterhart und vertragen Temperaturen bis -20 °C. Wie bereits erwähnt, haben Preiselbeersträucher jedoch sehr spezifische Standortanforderungen, weshalb die Kultur nicht überall gelingt. Auch ist die exakte Winterhärte oft sortenabhängig. Zu den bewährten Preiselbeer-Sorten gehören:
- ‚Erntedank‘
- ‚Erntekrone‘
- ‚Erntesegen‘
- ‚Koralle‘
- ‚Lirome‘
- ‚Red Peart‘
Standort und Boden für die Preiselbeere
Die Preiselbeere wünscht sich einen sonnigen bis halbschattigen Standort. Eine gute Lichtzufuhr fördert die Fruchtbildung und Fruchtreifung. Und auch der Geschmack der Beeren profitiert von ausreichend Sonnenlicht.
Besonders wichtig ist mit Blick auf Standortanforderungen bei Preiselbeeren die Erde. Ideal ist ein sandig-lehmiger, frisch-feuchter, durchlässiger und humusreicher Boden mit einem sauren pH-Wert zwischen 4 und 5 Punkten.
Gut realisieren lassen sich diese Standortbedingungen in Moorbeeten, die Preiselbeersträucher ähnlich wie Cranberries als Kulturstandorte bevorzugen. Ausnahmsweise ist für die Ausgestaltung eines auf die Bedürfnisse der Preiselbeersträucher abgestimmten Moorbeetes die Nutzung von Torferde empfehlenswert.
Tipp: Wegen ihrer geringen Wuchshöhe machen sich Preiselbeeren gut als Bodendecker. Karge, leicht sumpfige bis moorartige Stellen im Garten lassen sich mit Preiselbeersträuchern gut kaschieren.
Preiselbeere gießen und düngen
Eine gute Wasserversorgung spielt eine entscheidende Rolle für das Wachstum der Preiselbeersträucher. Vor allem während sommerlichen Trockenperioden i ist es wichtig, die Pflanzen ausreichend zu gießen, um eine konstante Bodenfeuchtigkeit zu gewährleisten. Es ist ratsam, auf gleichmäßige Bewässerung zu achten, um Staunässe zu vermeiden. Mulchen kann ebenfalls hilfreich sein, um den Boden vor Verdunstung zu bewahren und die Unkrautbildung zu unterdrücken.
Preiselbeersträucher profitieren von einer regelmäßigen Düngung. Ein organischer Dünger mit einem ausgewogenen Verhältnis von Stickstoff, Phosphor und Kalium ist geeignet. Spezieller Preiselbeerdünger bzw. Heidelbeerdünger wird empfohlen. Die Düngung sollte im zeitigen Frühjahr erfolgen, bevor die aktive Wachstumsphase beginnt. Halten Sie sich hier an die Dosierungsempfehlungen des Herstellers, um eine Überdüngung zu vermeiden.
Preiselbeeren ernten
Die Haupterntezeit für Preiselbeeren erstreckt sich von August bis Oktober. Die Beeren sollten erst geerntet werden, wenn sie vollständig ausgereift sind, da sie zu diesem Zeitpunkt den höchsten Zuckergehalt und somit das beste Aroma aufweisen. Es ist ratsam, die Beeren von Hand zu ernten, um Schäden an den empfindlichen Früchten zu vermeiden. Pflücken Sie die reifen Beeren vorsichtig von den Zweigen, ohne die Pflanze zu beschädigen.
Erntetipp: Die frühen Morgenstunden gelten als die beste Tageszeit, um Preiselbeeren zu ernten. Zu diesem Zeitpunkt sind die Beeren kühl und haben den höchsten Zuckergehalt. Vermeiden sollten sie dagegen eine Preiselbeerernte in praller Mittagshitze. Die Preiselbeerpflanzen sind dann nämlich besonders gestresst und ihre Beeren verlieren and Wasser, was zu Qualitätseinbußen führt.
Lagern Sie die Preiselbeeren nach der Ernte im Kühlschrank, um ihre Frische zu bewahren. Bei Bedarf können die Preiselbeeren auch einkochen, Eingemachtes herstellen oder einfrieren, um sie länger haltbar zu machen.
Fazit
Die Preiselbeere wird zurecht als Superfood bezeichnet, denn wie die artverwandten Cranberries, Blaubeeren und Heidelbeeren steckt sie voller Vitamine, Mineralstoffe und medizinisch wertvoller Antioxidantien. Leider gestaltet sich die Kultur aber sehr komplex, da es sich bei Preiselbeersträuchern um Moorpflanzen handelt, die nur in gut simulierten Moorbeeten wirklich gut gedeihen. Mit etwas Übung kann man sie aber dennoch im Garten kultivieren.
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