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Pestwurz, Petasites, Gewöhnliche Pestwurz, Petasites hybridus

Pestwurz – Inhaltsstoffe, Wirkung und Kultur

7 Minuten Lesezeit

Der Name der Pestwurz (Petasites) hört sich zunächst nicht nach einem alten Heilkraut an. Allerdings ist die Pflanze schon seit der Antike als eben solches in Gebrauch. In der Moderne obliegt ihre Verwendung aber strengen Vorgaben, denn nur mit professionellen Extraktionsverfahren lässt sich der leichte Giftgehalt der Pflanze unschädlich machen.

Steckbrief zur Pestwurz

Leaf Divider

  • Wissenschaftlicher Name: Petasites
  • Herkunft: Europa, Asien, Nordamerika
  • Wuchshöhe: 20 cm bis 1,5 m
  • Blütezeit: Februar bis Mai
  • Blüten: weiße, gelbe oder rosa-violette Blüten
  • Blätter: herz- oder nierenförmige Blattspreiten
  • Frucht: unscheinbare Nussfrüchte mit federartigen Samen
  • Boden: nährstoffreich, feucht bis nass, gut durchlässig
  • Winterhärte: bis -35 °C winterhart
  • Verwendung: Zierpflanze, Nützlingsweide, alte Heilpflanze
  • Giftigkeit: mäßig giftig

 

Besonderheiten der Petasites

Als Mitglied der Familie der Korbblütler ist die Pestwurz eng verwandt mit anderen Heilpflanzen, wie etwa der Kamille, Arnika oder Ringelblume. Im Unterschied zu diesen Kräuterpflanzen mutet das Erscheinungsbild der Petasites jedoch etwas ungewöhnlich an.

 

Aussehen und Wuchs

Die Pestwurz ist eine kräftige, mehrjährige Pflanze, die eine Wuchshöhe von etwa 20 cm bis 1,5 m erreichen kann. Sie besitzt besonders markante, große, herz- oder nierenförmige Blätter, die bei manchen Arten einen Durchmesser von bis zu 1 m erreichen.

Diese Blätter erscheinen im Frühjahr nach der Blüte und bilden dichte Blattwerke aus, die häufig als Bodendecker oder als strukturgebendes Element in Gärten zum Einsatz kommen. Die Blüten der Pestwurz entwickeln sich vor den Blättern und sind in kolbenartigen Blütenständen angeordnet, deren Form bei manchen Arten an die Hütchen von Pilzen erinnert.

Je nach Art und Standort blüht Petasites zwischen März und Mai, wobei die Blüten eine weiße, gelbe oder zart-rosa bis violette Färbung aufweisen und in kräftigen Blütentrauben sprießen. Auch verströmen sie oft einen leichten Duft und ziehen als Nützlingsweide Insekten an.

Nach der Blüte bildet die Pflanze kleine Nussfrüchte, die sich dank ihrer federartigen Samen leicht mit dem Wind verbreiten. In feuchten Böden breitet sich die Pestwurz zusätzlich über unterirdische Rhizome aus und bildet dichte Bestände.

Diese Ausläufer verleihen der Pflanze ihre Robustheit und erleichtern ihre Vermehrung, können aber in Gärten auch zur Herausforderung werden. Aus diesem Grund wird Petasites gelegentlich auch zu den Unkräutern gezählt. Die Pestwurz ist gut an kalte Temperaturen angepasst und winterhart, was sie zu einer langlebigen und pflegeleichten Pflanze in gemäßigten Klimazonen macht.

 

Japanische Pestwurz, Petasites japonicus
Übrigens: Pestwurz-Arten wie die Japanische Pestwurz (Petasites japonicus) blühen oft schon im Spätwinter oder zeitigen Frühjahr und zaubern so einzigartige Akzente in die karge Winterlandschaft.

Herkunft

Pestwurzen sind in ganz Europa, Asien und Nordamerika heimisch. Die mehrjährigen Stauden besitzen eine ausgezeichnete Winterhärte von bis -35 °C und finden sich bevorzugt auf feuchten, nährstoffreichen Böden, zum Beispiel an Bachläufen, Teichrändern und auf Feuchtwiesen.

 

Was Huflattich und Pestwurz gemeinsam haben

Gerne verwechselt wird Pestwurz mit dem ebenfalls zu den Korbblütlern gehörenden und als Tussilago bekannten Huflattich. Obwohl optisch gut von Petasites zu unterscheiden, rechnete man die Pflanze bis ins Altertum als Tussilago petasites seiner Gattung zu.

Gemeinsam haben die Pflanzen durchaus einiges. Abgesehen von ihrer taxonomischen Verwandtschaft handelt es sich bei beiden Pflanzen auch um als Heilkräuter genutzte Giftpflanzen. Zwar ist ihr Giftgehalt bei Weitem niedriger als bei gefährlichen Giftkräutern wie Nachtschatten oder Tollkirsche, gesetzliche Vorschriften für die Anwendung etwaiger Präparate gibt es aber dennoch.

 

Pestwurz, Gewöhnliche Pestwurz, Petasites hybridus
Schwach giftig, aber dennoch äußerst heilsam: Auch wenn man privat nicht mit der Pestwurz herumexperimentieren sollte, wird insbesondere die Gewöhnliche Pestwurz (Petasites hybridus) umfangreich als medizinische Heilpflanze genutzt.

Pestwurz als Heilpflanze

Die Anwendungsgebiete der Pestwurz waren stets sehr umfangreich und sind es bis heute. Ihren Namen erhielt sie im Mittelalter, wo sie tatsächlich als Heilkraut gegen die Pest eingesetzt wurde. Das vollständige Anwendungsprofil von Petasites geht aber weit über diese Nutzung hinaus.

 

Ein Heilkraut gegen die Pest

Geschätzt wurde die Pestwurz seinerzeit vor allem wegen ihrer entzündungshemmenden, krampflösenden und fiebersenkenden Eigenschaften. Historische Belege aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. belegen außerdem, dass die Griechen und Römer die Pflanze zur Behandlung von bösartigen Geschwüren verwendeten.

So erklärt sich auch der Einsatz gegen die Pest. Gerade Formen wie die Hautpest oder Beulenpest gehen mit beulenartigen Geschwüren bzw. Geschwulsten sowie Karbunkeln, Roseolen und Hautblutungen einher. Gegen diese soll schon damals insbesondere die Gewöhnliche Pestwurz (Petasites hybridus) gute Wirkung gezeigt haben.

Der deutsche Botaniker und Arzt Hieronymus Bock bestätigte besagte Wirkung in seinem Werk „Kreuterbuch“ von 1539. Bock erwähnte die Pestwurz als Mittel gegen die Pest und andere fieberhafte Erkrankungen. Er lobte außerdem die krampflösenden Eigenschaften der Pflanze und empfahl sie zur Linderung von Schmerzen und Krämpfen.

 

Pflanzliche Arznei gegen Infektionen

Ein Zeitgenosse von Hieronymus Bock, der Botaniker und Mediziner, Leonhart Fuchs, führte die Pestwurz ebenfalls in seinem Kräuterbuch „De Historia Stirpium Commentarii Insignes“ von 1543 auf. Fuchs betonte neben der Wirksamkeit der Pflanze bei Fieber auch ihre entzündungshemmenden Eigenschaften sowie ihre Wirkung gegen Infektionskrankheiten.

Letztere wurde in einer deutschen Studie von 2024 eindrucksvoll für eine Virusinfektion belegt, deren pandemische Ausmaße sie zum Pestäquivalent der Neuzeit machten. Die zuständigen Forscher konnten nämlich eine potentielle Wirksamkeit der Pestwurz gegen COVID beobachten.1Constanze A Jakwerth, Vincent Grass, Anna Erb, Andreas Pichlmair, Georg Boonen, Veronika Butterweck, Carsten B Schmidt-Weber: Inhibition of SARS-CoV-2 infection and replication by Petasites hybridus CO2-extract (Ze 339); in: Biomedicine & Pharmacotherapy, Volume 170, 2024; PMID: 38061134 Science Direct

 

Pestwurz, Gewöhnliche Pestwurz, Petasites hybridus
In Kloster- und Apothekergärten seit dem Mittelalter heimisch: die heilsamen Eigenschaften der Pestwurz wurden schön früh entdeckt.

Die Mehrfachwirkung von Butterbur

Als Butterbur bezeichnet man ein pflanzliches Arzneimittel, das aus den Blättern von Petasites hybridus gewonnen wird. Es ist insbesondere in Asien und auf der Arabischen Halbinsel weit verbreitet und wird unter anderem als Medikament gegen Allergien, Asthma, Alzheimer und Migräne genutzt.2Lennox Din, Forshing Lui: Butterbur; in: StatPearls, 2023; PMID: 30725845 National Library of Medicine

Speziell die Wirkung von Butterbur gegen allergische Rhinitis ließ sich in einer türkischen Studie bereits belegen.3Z Özergin Coşkun, N Bayar Muluk, D Turgut Cosan, C Cingi: Efficacy of butterbur in allergic rhinitis: a cell culture study; in: European Review for medical and pharmacological Sciences; Volume 27, 2023; PMID: 37350686 PubMed Ein präventiver Effekt von Butterbur gegen Migräne wurde wiederum in einer deutschen, placebo-kontrollierten Studie nachgewiesen.4Jürgen Borlak, Hans-Christoph Diener, Johanna Kleeberg-Hartmann, Karl Messlinger, Stephen Silberstein: Petasites for Migraine Prevention: New Data on Mode of Action, Pharmacology and Safety. A Narrative Review; in: Frontiers in Neurology, Volume 13, 2022; PMID: 35585841 Frontiers

Dabei sind Butterbur-Präparate auch in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern frei erhältlich. Das sowohl als Nasenspray gegen Allergien oder Asthma, als auch zur Behandlung von Migräne.

 

Inhaltsstoffe und Wirkung

Für die heilpflanzliche Anwendung werden bevorzugt die Blätter und Wurzeln der Pestwurz genutzt. Als wichtige Wirkstoffe der Pflanze gelten Sesquiterpene und Flavonoide, darunter:

  • Isopetasin
  • Isorhammetin
  • Kaempferol
  • Neopetasin
  • Petasin
  • Quercetin

 

Besagte Inhaltsstoffe besitzen eine antioxidative, entzündungshemmende, krampflösende und nervenberuhigende Wirkung. Allerdings sind in Petasites auch Pyrrolizidinalkaloide enthalten.

Die Alkaloide können in zu hoher Dosis Leberschäden und Stoffwechselstörungen hervorrufen. Zur Herstellung von Butterbur-Präparaten dienen deshalb nur alkaloidschwache Kulturen, deren Alkaloidbestandteile vor der Weiterverarbeitung durch spezielle Reinigungs- und Trennverfahren neutralisiert werden.

 

Pestwurz, Petasites
Üppige Pestwurzbestände am Backlauf

Pestwurz pflanzen

Abgesehen von ihren heilpflanzlichen Eigenschaften macht sich die Pestwurz auch als Zierpflanze im Garten recht gut. Damit ihre dekorativen Blätter und Blütenstände besonders schöne Akzente zaubern, sollte man bei der Kultur Folgendes beachten:

 

Standort und Boden

Die Pestwurz bevorzugt halbschattige bis schattige Standorte und gedeiht besonders gut in feuchten, naturnahen Bereichen wie Bachläufen, Teichrändern oder feuchten Waldrändern. Sie kann auch in feuchten Gartenecken eine beeindruckende Wirkung als strukturstarker Bodendecker entfalten.

Der Boden sollte nährstoffreich, humos und gut durchlässig sein, wobei eine gleichmäßige Feuchtigkeit wichtig ist, um ein gesundes Wachstum zu fördern. Als idealer pH-Wert des Bodens gilt ein schwach saurer bis neutraler Richtwert zwischen 6 und 7. Ein zu alkalischer Boden wird oft schlecht vertragen.

Petasites wächst am besten auf humusreichem Lehmboden, der Feuchtigkeit gut speichert, aber keine Staunässe aufweist. In sonnigeren Bereichen kann sich die Pflanze ebenfalls etablieren, solange ausreichend Bodenfeuchtigkeit vorhanden ist.

Pflanztermin und Aussaat

Der beste Zeitpunkt zur Pflanzung von Pestwurz ist der Frühling (April bis Mai) oder der Herbst (September bis Oktober), wenn keine Frostgefahr mehr besteht. Bei der Vermehrung durch Samen können die Samen ebenfalls im Frühjahr direkt ins Freiland gesät werden, wobei diese Methode jedoch langsamer zum Erfolg führt als das Setzen von Wurzelstücken.

Für die Aussaat im Freiland beträgt die Saattiefe etwa 1 cm und der Saatabstand etwa 40 bis 50 cm, da Pestwurz schnell wächst und sich über ihre Wurzelausläufer stark ausbreitet. Wer die Pflanze als dichten Bodendecker nutzen möchte, kann auch kleinere Abstände wählen.

Wurzelstücke sollten in einer Tiefe von 5 bis 10 cm in den Boden gesetzt werden. Die Pflanze braucht genügend Platz zur Entfaltung, da sie sehr große Blätter bildet und so ein attraktiver Blickfang im Schattenbereich des Gartens wird.

Pflege

Die Pflege der Pestwurz ist unkompliziert, da sie eine robuste Pflanze ist, die sich schnell ausbreitet und den Boden gut bedeckt. Regelmäßiges Gießen ist wichtig, besonders in Trockenperioden, um die notwendige Bodenfeuchtigkeit aufrechtzuerhalten.

Eine leichte Mulchschicht im Frühjahr hilft dabei, die Feuchtigkeit im Boden zu speichern und Nährstoffe für die Pflanze bereitzustellen. Auch eine Gabe von Kompost im Frühjahr unterstützt das Wachstum.

Ein jährlicher Rückschnitt der vertrockneten Blätter im Herbst oder Spätwinter ist ratsam, um Platz für neue Triebe zu schaffen und die Pflanze gesund zu halten. Pestwurz kann sich stark ausbreiten und invasive Eigenschaften entwickeln; deshalb ist es sinnvoll, die Wurzeln im Zaum zu halten, indem man sie regelmäßig zurückschneidet oder durch eine Wurzelsperre im Boden einschränkt.

 

Studienbelege:

  • 1
    Constanze A Jakwerth, Vincent Grass, Anna Erb, Andreas Pichlmair, Georg Boonen, Veronika Butterweck, Carsten B Schmidt-Weber: Inhibition of SARS-CoV-2 infection and replication by Petasites hybridus CO2-extract (Ze 339); in: Biomedicine & Pharmacotherapy, Volume 170, 2024; PMID: 38061134 Science Direct
  • 2
    Lennox Din, Forshing Lui: Butterbur; in: StatPearls, 2023; PMID: 30725845 National Library of Medicine
  • 3
    Z Özergin Coşkun, N Bayar Muluk, D Turgut Cosan, C Cingi: Efficacy of butterbur in allergic rhinitis: a cell culture study; in: European Review for medical and pharmacological Sciences; Volume 27, 2023; PMID: 37350686 PubMed
  • 4
    Jürgen Borlak, Hans-Christoph Diener, Johanna Kleeberg-Hartmann, Karl Messlinger, Stephen Silberstein: Petasites for Migraine Prevention: New Data on Mode of Action, Pharmacology and Safety. A Narrative Review; in: Frontiers in Neurology, Volume 13, 2022; PMID: 35585841 Frontiers

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