Die Sinterterrassen im Lillachtal sind eines der magischsten Naturspektakel der Fränkischen Schweiz. Sie zeigen auf, welch ungeahnte Formkraft von pflanzlichen Ablagerungen in Fließgewässern ausgeht. Als Ausflugsziel für Liebhaber mystischen Naturambientes ein echtes Muss. Und auch für Wanderer sind die Pfade entlang der Kalktuffformationen der Lillach sehr zu empfehlen.
Die mystischen Pfade des Wassers
Ich habe zugegebenermaßen eine Schwäche für mystische Waldszenerien. Eine nebelumwobene Waldlichtung, eine geheime Felshöhle im Dickicht, ein Baumhain, dessen Bäume mit ihren knorrigen Stämmen und Ästen wie stille Wächter aus einer anderen Zeit wirken. Oder aber ein magisches Bächlein, dessen Verlauf wie aus einem Märchen anmutet und mit seinem majestätischen Bachbett selbst einen Waldläufer in besinnlicher Ehrfurcht staunen lässt.
Die Sinterterrasen im Lillachtal sind Teil eines solch magischen Bächleins. Ihre Form erinnert an grüne, feuchte Treppen, die niemand geringerem als Mutter Natur den Weg bereiten. Gesäumt von majestätischen Laubbäumen tummelt sich am Rande ihrer Becken ein grüner Moossaum, der konstant vom Wassern der Lillach umspült wird.
Ein idyllischer Quell des Waldes, an den sich so mancher grüne Geist gern verirrt. Ob sich in den Seen der Sinterkaskaden wohl gelegentlich eine Waldfee badet?
Das Jahrtausende alte Geotop der Sinterterrassen
Die Lillach ist ein gut 2,8 km langer Kalktuffbach, der östlich von Weißenhohe am Dornberg einer Karstquelle entspringt. Die Lillachquelle tritt im namensgebenden Gräfenberger Gemeindeteil Lilling auf ca. 463 m Höhe aus einer Felshöhle aus, die Teil des Oberjuras zum bayerischen Mittelgebirge der Fränkischen Alb gehört.
Am Beispiel der Sinterterrassen im Lillachtal wird dabei deutlich, welch eindrucksvolle Gebilde aus dem Wechselspiel von Mineralien und Pflanzen hervorgehen können. Die Sinterstufen entstanden vor rund 10.000 Jahren während der Eiszeit. Einzigartige geotopische Faktoren sorgten damals dafür, dass an den Senken der Lillach malerische Kaskadenseen entstanden.
Kohlendioxidreiches Regenwasser bahnte sich seinerzeit den Weg durch das Kalkgestein des Oberjuras und schwemmte dabei reichlich Kalk aus. Dieser Kalk lagerte sich nach dem Austritt des Wassers aus dem Gestein schließlich an Totholz im Bachlauf ab. Im Laufe der Jahrtausende formten sich so auf den Fallstufen der Lillach teils mineralische, teils organische Wälle, die das Wasser zu kleinen Kalktuffseen aufstauten.
Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Jährlich wachsen die Sinterstufen der Lillach um bis zu drei Millimeter und sorgen so für einen langsamen aber stetigen Aufbau der Tuffkaskaden.
Eine natürliche Filteranlage für Quellwasser
Am schönsten ist der Anblick der Sinterterrassen im Lillachtal nach einem kräftigen Regenschauer. Dann nämlich wachsen die ansonsten gemächlich vor sich hinfließenden Rinnsale der Sinterstufen zu kleinen Wassern heran. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich wunderbar beobachten, wie die konstant feuchten Kalkwälle der Kaskadenseen eine malerisch grünes Feuchtbiotop aus Moosen und Algen nähren.
Diese spielen für die Wasserqualität der Lillach eine entscheidende Rolle. Denn sie filtern Schmutz und Schadstoffe aus dem Wasser, das aus diesem Grund beste Trinkwasserqualität besitzt. Auch Farne tummeln sich reichlich am Bachlauf der Lillach und verbessern dort die Luftqualität.
Fotostrecke zu den Sinterterrassen
© Das Grüne Archiv
Flora und Fauna der Sinterterrassen
Die Sinterstufen der Lillach, ebenso wie ihr Quellauf gehören zum Landschaftsschutzgebiet Fränkische Schweiz und sind seit 1995 eine offizielle Schutzzone im Naturpark Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst. Um die Sinterkaskaden sowie im nahegelegenen Lillinger Wald finden zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten Zuflucht. Zu den seltenen Tierarten gehören unter anderem der Feuersalamander, die Wasseramsel und die Quelljungfer-Libelle.
Insgesamt bevölkern gut 1.500 verschiedene Tierarten und an die 120 Schmetterlingsarten den Quellauf der Lillach. Um die 500 Tiere sind dabei auf die einzigartigen Lebensräume des Tuffbaches angewiesen.
Neben Moosen, Farnen und Algen bevölkern auch diverse seltene Pflanzenarten die Sinterterrassen, darunter das Moschuskraut und Milzkraut. Außerdem findet man entlang der Wanderwege und Feuchtwiesen im Lillachtal reiche Bestände von Wildkräutern und Wildblumen, so zum Beispiel Lerchensporn und Buntnessel.
Der Lillinger Wald gilt gemäß Bundesamt für Naturschutz zudem als Erlen-Eschenwald mit Anteilen eines Waldmeister-Buchenwalds. Es handelt sich hierbei um einen krautreichen Laubmischwald bzw. Bergmischwald, der sich durch besondere Vielfalt an Laubbäumen und krautigen Pflanzen auszeichnet.
Wanderungen im Lillachtal nur mit Bedacht
Das Lillachtal ist ein Naturdenkmal, das es zu bewahren gilt. Sowohl starke Hochwasser als auch unbedacht ausgetretene Trampelpfade entlang des Bachlaufes haben in der Vergangenheit zu massiven Schäden und Verlagerungen des Bachbettes geführt. An einem gewissen Punkt drohten die Sinterstufen sogar auszutrocknen und waren von 1997 bis 1998 zwischenzeitlich sogar gesperrt.
Inzwischen wurden zahlreiche Maßnahmen zur Sanierung der Lillachquelle und der Sinterstufen unternommen. Die Bachufer wurden aufwändig mit Steinen befestigt. Zum Schutz des Bachsediments und der Lebensräume von Pflanzen und Tieren am Bach gibt es nun außerdem einen klar gekennzeichneten Wanderweg.
Wanderer und Besucher sind dazu angehalten, sich auf dem Lehrpfad entlang der Sinterterrassen sowie dem Wanderweg zur Lillachquelle zu halten, um das örtliche Biotop nicht erneut zu gefährden. Für schöne Fotos und einen freien Blick auf die Sinterstufen gibt es mehrere Aussichtspunkte und -plattformen entlang des Weges.
Die Wanderung dauert je nach gewählter Route zwischen 1 und 3 Stunden. Ein Großteil der Strecke ist mit einer moderaten Steigung von 100 bis 150 m auf für Anfänger geeignet. Ausgenommen hiervon ist der Aufstieg zur Quelle, der mit einer Steigung von 310 m etwas anspruchsvoller ist.
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