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Nachtschatten, Solanum

Nachtschatten – Bestimmung und Arten

8 Minuten Lesezeit

Als Stammgattung der Nachtschattengewächse eilt dem Nachtschatten (Solanum) ein gleichermaßen düsterer wie kontroverser Ruf voraus. Er gilt als König der Giftpflanzen, mit dessen Toxinen nicht zu spaßen ist.

Gleichwohl werden einige seiner Arten bis heute als wertvolle Nutzpflanzen kultiviert. Tatsächlich landen manche Arten der Gattung Solanum nahezu täglich auf unserem Esstisch.

Steckbrief zum Nachtschatten

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  • Wissenschaftlicher Name: Solanum
  • Herkunft: weltweit
  • Wuchshöhe: 10 cm bis mehrere Meter
  • Blütezeit: artabhängig Juni bis Oktober
  • Blüten: weiße, gelbe oder violette Radblüten
  • Blätter: oval-lanzettliche bis herzförmige Blätter
  • Frucht: kugelförmige bis längliche Beeren oder Kapseln
  • Boden: nährstoffreich, gut durchlässig
  • Winterhärte: mäßig bis gut
  • Verwendung: Zierpflanze, Gemüsepflanze
  • Giftigkeit: sehr giftig

 

Besonderheiten der Gattung Solanum

Kennzeichnend für die Gattung Solanum ist eine beachtliche Artenvielfalt. Stolze 1328 Arten zählt sie, deren Wuchsformen nicht weniger vielseitig sind, als die Artenanzahl an sich. In der Regel wachsen sie als krautige Stauden oder Kletterpflanzen, seltener als Sträucher.

 

Herkunft

Im Unterschied zu manch anderen Nachtschattengewächsen, die besondere Diversitätszentren in Amerika bzw. Südamerika aufweisen, sind Solanum-Arten weltweit heimisch. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von der Nordhalbkugel bis in den Süden nach Afrika und Australien.

Dementsprechend gestalten sich die Standortansprüche für die Arten oft sehr unterschiedlich. Manche werden als einjährige Tropenpflanzen kultiviert, andere als mehrjährige Zierpflanzen oder Nutzpflanzen.

 

Aussehen und Wuchs

Nachtschatten zeichnen sich oft durch oval-lanzettliche Blätter aus, die je nach Art in unterschiedlichen Grüntönen gefärbt sind. Bei einigen Arten können die Blätter auch eine leicht herzförmige Basis besitzen. Die Stängel mancher Arten sind mit feinen Stacheln versehen, während andere glatte Stängel zeigen.

Die Blüten der meisten Solanum-Arten sind fünfzählig und weisen eine markante radförmige Blütenkrone auf, deren Farben von Weiß über Gelb bis Violett reichen. Die Frucht ist oft eine Beere oder Kapselfrüchte von gelber, roter oder schwarzer Färbung.

Je nach Art erreichen die Nachtschatten Wuchshöhen von 10 cm bis zu mehreren Metern. Sie können krautig und aufrecht wachsen oder als rankende Pflanzen an Strukturen emporklettern. Die möglichen Wurzelformen der Arten sind vielfältig. Es werden entweder Rhizome, Stolone (Ausläufer), Knollen oder Brutknospen ausgebildet.

Aufgrund der großen Diversität in dieser Gattung variiert die individuelle Wuchsform der Arten stark. Allen gemeinsam ist jedoch eine schnelle Wachstumsphase, die oft mit schattigen bis halbschattigen Standorten assoziiert wird. So erklärt sich auch der Name der Nachtschatten.

 

Nachtschatten, Bittersüßer Nachtschatten, Solanum dulcamara
Ein wahrer Schattenanbeter unter den Solanum-Arten: der Bittersüße Nachtschatten

Der König der Giftpflanzen (und Gemüsestauden)

Solanum-Arten lassen sich gemäß ihrer Herkunft und pflanzengenetischen Besonderheiten in 12 Kladen aufteilen:

  • Afrikanische Klade
  • Archaesolanum-Klade
  • Brevantherum-Klade
  • Cyphomandra-Klade
  • Dulcamaroid-Klade
  • Geminata-Klade
  • Kartoffel-Klade
  • Leptostemonum-Klade
  • Morelloid-Klade
  • Normania-Klade
  • Regmandra-Klade
  • Wendlandii-Klade

 

Die Kartoffel-Klade verrät es bereits: Zu den Nachtschatten gehören einige der wichtigsten Gemüsepflanzen. Essbar sind von diesen aber nur ausgewählte Pflanzenteile mit bestimmtem Reifegrad. Der übrigen Pflanzenteile dieser Gemüsestauden sind nicht weniger giftig als andere Nachtschatten-Arten.

Die Tödlichen

Wenngleich alle Solanum-Arten giftig sind, haben sich zwei doch einen besonderen Namen als legendäre Giftkräuter gemacht. Die Rede ist vom Bittersüßen Nachtschatten (Solanum dulcamara) aus der Dulcamaroid-Klade und vom Schwarzen Nachtschatten (Solanum nigrum) aus der Morelloid-Klade.

Beide Arten sind in Europa heimisch und besitzen einen kletternden Wuchs. Zudem zeichnen sich Dulvamaroide und Morelloide dadurch aus, dass ihre Früchte ohne Steinzellen wachsen.

Aufpassen muss man hier bei einigen Beinamen der Pflanzen, die gelegentlich zu Verwechslungen führen. Beispielsweise ist der Schwarze Nachtschatten auch als Teufelskrall bekannt, darf aber nicht mit der heilpflanzlich genutzten Teufelskralle verwechselt werden.

Weitere Verwechslungen bestehen zur als Waldnachtschatten oder Belladonna bekannten Tollkirsche, die ebenfalls giftige, schwarze Beeren ausbildet. Der Bittersüße Nachtschatten wird ferner gelegentlich auch Hirschkraut, ist aber klar von dem aus der Gruppe der Farne stammenden Hirschfarn zu unterscheiden.

 

Schwarzer Nachtschatten, Nachtschattengewächse, Solanum nigrum
Die giftigen Beeren des Schwarzen Nachtschattens

Die Essbaren

Es gehören bei Weitem mehr Gemüsestauden zur Gattung Solanum, als es zunächst den Anschein hat. Viele von ihnen gehören zur Kartoffel-Klade, darunter die namensgebende Kartoffel (Solanum tuberosum), Tomate (Solanum lycopersicum), Johannisbeertomate (Solanum pimpinellifolium) und Pepino alias Melonenbirne (Solanum muricatum).

Essbares Nachtschattengemüse der Kartoffel-Klade stammen häufig aus Amerika, von wo aus auch Kartoffel und Tomate ihren Siegeszug durch die Nationalküchen Europas und Asiens antraten. Im Falle von Tomaten zeigt sich ihre südamerikanische Herkunft auch an ihren Standortansprüchen, denn die Gemüsepflanze benötigt viel Licht und Wärme. Kartoffeln sind hier genügsamer.

Eine Ausnahme in Sachen Herkunft bildet im Bereich des Nachtschattengemüses die Aubergine (Solanum melongena). Sie stammt aus Asien und gehört zur Leptostemonum-Klade. Das schwammige Fruchtfleisch ihrer essbaren Früchte erinnert eher an eine Zucchini als an eine Beere. Ebenso sind Auberginen für Nachtschattenfrüchte vergleichsweise groß.

 

Kartoffel, Solanum tuberosum
Blüte der Kartoffelpflanze

Inhaltsstoffe und Wirkung

Die Hauptgiftstoffe in Solanum-Arten sind Alkaloide wie Solanin, das in zahlreichen Nachtschattengewächsen vorkommen. Insgesamt lassen sich folgende Giftstoffe festhalten:

  • Chaconin
  • Soladulcinin
  • Solanin
  • Solamargin
  • Solasodin
  • Solasonin
  • Tomatidenol

 

Der Giftcocktail in unreifen Beeren der Pflanzen besonders hoch konzentriert. Niedriger ist der Giftgehalt in den Blättern.

 

Nachtschattenvergiftung

Eine Nachtschattenvergiftung tritt auf, wenn giftige Pflanzenteile von Solanum-Arten konsumiert werden. Zu den häufigsten Symptomen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Magenschmerzen. Dies sind aber nur die ersten Anzeichen der Vergiftung, da der Magen-Darm-Trakt am schnellsten reagiert.

In Folge kann die Vergiftung auch das Nervensystem beeinträchtigen und zu Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrung und Benommenheit führen. In schweren Fällen kann es in der Vergangenheit zu Halluzinationen, Krämpfen oder sogar Bewusstlosigkeit kommen.

Ebenfalls denkbar sind Vergiftungserscheinungen wie Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden, Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen oder ein beschleunigter Puls kommen. Sie treten besonders bei stärkerer Vergiftung auf.

Achtung: Eine Nachtschattenvergiftung ist immer als Notfall zu behandeln. Bereits kleine Verzehrmengen von Beeren oder Blättern können tödlich sein, besonders bei Kindern. Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollte umgehend der Giftnotruf oder ein Notarzt zu Hilfe geholt werden.

 

Nutzung als Lebensmittel

Ungeachtet der Giftwirkung ihrer nicht-essbaren Pflanzenteile erweisen sich die essbaren Früchte und Knollen von Nachtschattengemüse aber auch als äußerst nährstoffreich. Sie enthalten hohe Mengen an Antioxidantien, Ballaststoffen, B-Vitaminen, Kalium, Magnesium und Vitamin C.

Nichtsdestotrotz enthalten auch Gemüsepflanzen wie Tomaten und Kartoffeln Solanin. Insbesondere unreife oder ausgetriebene Kartoffeln sind in diesem Zusammenhang tückisch und sollten nicht verzehrt werden.

Auch wenn einige Nachtschatten-Arten wie Tomaten und Kartoffeln essbar sind, enthalten die grünen Pflanzenteile dieser Arten (z. B. grüne Tomaten oder Kartoffelsprossen) ebenfalls Solanin, das in größeren Mengen giftig ist.

 

Tomate, Tomaten, Solanum lycopersicum, Tomatenpflanzen
Nur die Früchte: Wenngleich Tomatenpflanzen essbares Gemüse liefern, ist der Rest der Pflanze nicht minder giftig als ihre Artverwandten

Heilpflanzliche Anwendung

In der mittelalterlichen Volksmedizin Europas waren Schwarzer und Bittersüßer Nachtschatten zudem lange als Schmerzmittel, Wundheilmittel und Bronchikum in Gebrauch. Laut neueren Studien enthält speziell Solanum nigrum außerdem medizinisch relevante Wirkstoffe.

Eine algerisch-ägyptische Gemeinschaftsstudie betont, dass Solanum nigrum eine kostbare Quelle für heilsame Antioxidantien, Flavonoide, Phenole und Saponine ist. Die Forscher legen eine potentielle Nutzung der Pflanzenextrakte gegen freie Radikale und Krankheiten wie Arthritis, Asthma oder Demenz nahe, die auf oxidativem Stress beruhen.1Abdelatif Aouadi, Djamila Hamada Saoud, Abdelkrim Rebiai, Mona H Ibrahim, Mohammed Messaoudi, Khaoula Alia, Halima Zidane, Ayomide Victor Atoki, Fatma Mohamed Abd El-Mordy: Chemical composition’s effect on Solanum nigrum Linn.’s antioxidant capacity and erythrocyte protection: Bioactive components and molecular docking analysis; in: Open Life Sciences, Volume 19, Issue 1, 2024; PMID: 39220590 De Gruyter Brill

Nichtsdestotrotz sei nochmals darauf hingewiesen, dass etwaige Anwendungen nur unter ärztlicher Anleitung erfolgen dürfen. Privatexperimente mit Nachtschatten können tödlich enden und sind daher nicht zu empfehlen.

 

Nachtschatten, Solanum
Besser im Zierstaudenbeet aufgehoben als im Kräuterbeet: Solanum-Arten werden in der Medizin zwar wissenschaftlich untersucht und angewendet, private Experimente sollte man mit ihnen aber nicht durchführen.

Nachtschatten als Zauberpflanze

Solanum-Arten wie der Bittersüße oder Schwarze Nachtschatten sind ein Paradebeispiel dafür, wie sehr manche Giftpflanzen mit Hexerei assoziiert werden. Als Hexenkräuter sollen sie in so manchen gefährlichen Zaubertrank und Hexenkessel gelandet sein, um Flüche zu spinnen oder Hexen magische Fähigkeiten zu verleihen.

Bestens bekannt sind sie als berüchtigte Zutat für die Flugsalbe, wobei etwaige Zutatenlisten für diese Hexensalben oftmals ein Produkt lebhafter Fantasie seitens der Autoren waren. Deutlich besser belegen lassen sich die Anwendungen als Schutzkraut und magische Heilpflanze.

So soll der Schwarze Nachtschatten gemäß afrikanischer Volksmedizin zum Beispiel eine Schutzfunktion gegen energiezehrende Krankheiten gehabt haben. Häufig wurde von diesen im Altertum angenommen, dass sie einem Fluch oder einer dämonischen Präsenz geschuldet seien.

Dementsprechend wurde der Nachtschatten auch im europäischen Mittelalter als Schutzpflanze angesehen, die böse Geister oder negative Energien abwehren konnte. Manchmal wurde sie in Hausräumen oder Gärten gepflanzt, um eine schützende Barriere zu schaffen.

Ebenso brachte man das Zauberkraut mit Träumen und Visionen in Verbindung. In einigen Kulturen glaubte man, dass der Verzehr von Nachtschattenpflanzen Visionen hervorrufen könnte, die Einblicke in die Zukunft oder in das Übernatürliche geben.

Wichtig: Es ist strengstens von der Einnahme der Nachtschatten im Rahmen magischer Rituale abzuraten. Man kann die Zauberpflanzen als Opfergaben oder symbolische Schutzkräuter verwenden, sollte es hierbei aber auch belassen.

 

Häufige Fragen zum Nachtschatten

Wie giftig ist der Schwarze Nachtschatten?

Der Schwarze Nachtschatten enthält giftige Alkaloide wie Solanin, die beim Menschen Vergiftungserscheinungen hervorrufen können. Besonders unreife Früchte und grüne Pflanzenteile sind gefährlich. Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Krämpfe treten nach dem Verzehr auf. In der Regel verursacht der Verzehr kleiner Mengen aber keine schweren Vergiftungen, bei Kindern und empfindlichen Personen sollten Sie dennoch besondere Vorsicht walten lassen. Medizinische Hilfe ist in jedem Verdachtsfall ratsam.

Woran erkennt man den Bittersüßen Nachtschatten?

Der Bittersüße Nachtschatten ist leicht an seinen violetten Blüten mit gelben Staubblättern und den leuchtend roten Beeren zu erkennen. Seine Blätter sind eiförmig und oft gelappt. Die Pflanze wächst häufig an feuchten Standorten wie Bachläufen oder Hecken und kann als Kletterpflanze an Büschen emporklettern. Die roten Beeren locken zwar zum Verzehr, sind aber hochgiftig.

Ist der Nachtschatten im Garten gefährlich?

Wild wachsende Solanum-Arten im Garten können für Haustiere und Kinder gefährlich sein. Die Früchte sehen oft attraktiv aus, sind mit Ausnahme von Nachtschattengemüse jedoch giftig. Für Gartenbesitzer empfiehlt es sich, solche Pflanzen zu entfernen oder durch Kultur an Orten abzugrenzen, die vor dem Zugriff durch Kinder und Haustiere geschützt sind.

Wie pflanzt man den Nachtschatten im Garten?

Solanum-Arten wie Tomaten, Auberginen und Kartoffeln benötigen einen sonnigen Standort und nährstoffreiche, gut durchlässige Böden. Ideal ist ein Platz, der viel Wärme bietet. Der Solanum nigrum bevorzugt ebenfalls sonnige bis halbschattige Standorte, wohingegen sich für Solanum dulcamara ein schattiger bis halbschattiger Standort empfiehlt. Setzen Sie die Pflanzen nach den Eisheiligen ins Freiland. Ein Abstand von etwa 50 cm zwischen den Pflanzen sorgt für eine gute Belüftung und verringert das Risiko von Pilzkrankheiten.

Studienbelege:

  • 1
    Abdelatif Aouadi, Djamila Hamada Saoud, Abdelkrim Rebiai, Mona H Ibrahim, Mohammed Messaoudi, Khaoula Alia, Halima Zidane, Ayomide Victor Atoki, Fatma Mohamed Abd El-Mordy: Chemical composition’s effect on Solanum nigrum Linn.’s antioxidant capacity and erythrocyte protection: Bioactive components and molecular docking analysis; in: Open Life Sciences, Volume 19, Issue 1, 2024; PMID: 39220590 De Gruyter Brill

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