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Günsel, Kriechender Günsel, Ajuga reptans

Günsel pflanzen – Wirkung, Arten und Kultur

Wenn man von alten Heilpflanzen spricht, sind damit meist Kräuter gemeint, die früher eine wichtige Bedeutung in der Volksmedizin spielten, heute aber fast in Vergessenheit geraten sind. Der Günsel (Ajuga) ist solch eine alte Heilpflanze. Dabei plädiert für eine Wiederentdeckung des Krautes nicht nur seine Heilwirkung, sondern auch sein Zierwert.

 

Steckbrief zum Günsel

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  • Wissenschaftlicher Name: Ajuga
  • Herkunft: Afrika, Asien, Australien, Europa
  • Wuchshöhe: 5 bis 30 cm
  • Blütezeit: April bis Juni
  • Blüten: rosa oder violette, weiße oder gelbe Lippenblüten
  • Blätter: elliptische oder gekerbte Blätter
  • Lichtzufuhr: sonnig bis halbschattig
  • Wasserbedarf: mäßig
  • Boden: sandig-lehmig, kiesig-lehmig
  • Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral
  • Winterhärte: bis -23 °C winterhart
  • Verwendung: Heilpflanze, Zierpflanze, Bienenweide
  • Wirkung: antioxidativ, antioxidativ, antimikrobiell, adstringierend, appetitanregend, blutdrucksenkend, entzündungshemmend, harntreibend, leberstärkend, schmerzlindernd, schweißtreibend, verdauungsfördernd, wundheilend

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Arten, Aussehen und Herkunft

Der Günsel ist eine eher niedrigwüchsige krautige Pflanze, die in der Regel nur Wuchshöhen von 5 bis 30 cm erreicht. Sein Wuchs ist straff und aufrecht. Die Blütenfarben seiner Arten reichen von Blau-Violett und Rosa über Gelb bis hin zu Weiß.

Die gedrungenen, elliptisch-ganzrandigen, manchmal auch gekerbten Laubblätter wachsen gegenständig am Stängel der Pflanze. Bei zahlreichen Arten laufen sie gen Stängelspitze hin rot-violett über, was den Zierwert des Krautes erhöht. Die Blätter mancher Varianten sind zudem leicht flaumig behaart.

 

Verwechslungsgefahr zu anderen Lippenblütlern

Gerade der Kriechende Günsel (Ajuga reptans) ähnelt optisch sehr dem Gamander und Gundermann. Mit letzterem wird er auch gerne verwechselt, teilen sich beide Pflanzen neben der Optik doch auch den Beinamen Gundelrebe. Ebenso gehören die drei Traditionskräuter gemeinsam zur Familie der Lippenblütler, aus der so manches alte Heilkraut stammt.

Beim Mittelmeer-Günsel (Ajuga iva) und auch beim als Acker-Günsel bekannten Gelben Günsel (Ajuga chamaepitys) erinnern die Blätter eher an jene von artverwandten Lippenblütlern wie dem Rosmarin oder Lavendel. Die elliptischen Blätter laufen hier sehr schmal zu und muten teils fast an wie Blattnadeln von Koniferen.

Im Falle des auch Heide-Günsel genannten Genfer Günsels (Ajuga genevensis) und des Pyramiden-Günsels (Ajuga pyramidalis) könnte man aufgrund der großen, grün-violetten Blätter wiederum an eine Taubnessel denken. Allerdings sind seine Blüten deutlich dunkler und in einem tiefen Violett gefärbt.

 

Pyramiden-Günsel, Ajuga pyramidalis
Der Pyramiden-Günsel erinnert sark an die Taubnessel.

Interessante Sorten der Gattung Ajuga

Schöne Sorten für die Kultur im Garten finden sich vor allem für Ajuga reptans. Sie weisen mitunter variierende Blattfarben und Blütenfarben zur ansonsten violett blühenden Wildform auf. Hier ein paar Sortenempfehlungen:

  • ‚Alba‘: weiße Blüten
  • ‚Atropurpurea‘: blaue Blüten
  • ‚Black Scallop‘: blauviolette Blüten; dunkelrote Blätter
  • ‚Braunherz‘: in der Mitte braun-grün abgedunkelte Blattrosetten
  • ‚Burgundy Glow‘: burgunderrot-grüne Blätter
  • ‚Catlin’s Giant‘: besonders große, blaue Blüten,
  • ‚Elmblut‘: rotbraune Blätter mit grünen Nuancen
  • ‚Multicolor‘: weiß-rosarot-gelb-bunte Blätter
  • ‚Variegata‘: hellgrüne Blätter mit weißem Rand

 

Günsel in der Küche und Medizin

In Sachen Heilwirkung steht der Günsel seinen namhaften Artgenossen aus der Familie der Lippenblütler in nichts nach. Noch vor ein paar Jahrhunderten kannte man ihn als bedeutende Heilpflanze und Küchenkraut.

Als essbare Wildpflanze verleiht er Salaten eine leicht bittere Note, die an jene der Zichorie erinnert. Dazu verwendet man die noch geschlossenen Blüten oder die jungen Blätter der Pflanze.

In der Heilkunde ist ebenfalls die Anwendung der Blüten und Blätter gebräuchlich. Hergestellt wird hierbei zu Heilzwecken entweder ein Tee oder Absud, eine Tinktur oder ein Umschlag. Ebenso ist die Herstellung von Kräuterwein mit Günsel seit der Antike bekannt.

 

Günsel, Kriechender Günsel, Ajuga reptans
Die Blütenknospen von Ajuga machen sich wunderbar in Wildkräutersalat.

Kriechender Günsel gegen Wunden und Gicht

Speziell auf die heilpflanzliche Nutzung von Günsel verweisen sowohl sein deutscher Name als auch seine lateinische Fachbezeichnung. Der deutsche Name des Günsels geht dabei auf die Gattung des Feldrittersporns, Consolida, zurück, zu dem Ajuga früher gezählt wurde.

Der Gattungsname leitet sich vom lateinischen consolidare bzw. dem althochdeutschen kunsele für „festmachen“ oder „dichtmachen“ ab. Laut Grimms Wörterbuch ist hiermit die „zusammenschweißende Kraft“ insbesondere des Kriechenden Günsels gemeint. Es handelt sich also um eine wundheilende Pflanze.

Der heutige fachbotanische Gattungsname Ajuga soll sich hingegen vom altgriechischen agyjeos für „gliederschwach“ bzw. dem lateinischen abigo für „abtreiben“ ableiten. Hiermit ist die antioxidative und ausleitende Wirkung des Kriechenden Günsels gemeint, der neben seiner Verwendung als Wundheilkraut auch zur Behandlung von Stoffwechselkrankheiten wie Gicht Anwendung findet. Ebenso ist die Kräuterpflanze gegen Rheuma in Gebrauch.

Tipp: Dioskurides empfiehlt für die äußere Anwendung zur Wundbehandlung einen Umschlag aus Gerstenmehl oder Honig und einer Abkochung des Günsels.

 

Kriechender Günsel
Kriechender Günsel (Ajuga reptans) | © Das Grüne Archiv

Günsel gegen Leberbeschwerden und Geschwüre

Eine der ältesten schriftlichen Erwähnungen von Ajuga findet sich wie so oft in Dioskurides‘ „Materia Medica“. Der griechische Urvater der Pharmakologie nennt die Pflanze noch Chamaipitys, womit speziell der Mittelmeer-Günsel bzw. der Gelbe Günsel gemeint war.

Dioskurides schreibt dem Kraut eine besondere Heilwirkung gegen Leberleiden wie Gelbsucht, aber auch gegen Geschwüre, Milzsucht und Ischias zu. Gegen Gelbsucht sollte die siebentägige Einnahme von Ajuga-Wein helfen.  Bei Ischias empfahl er die dreißigtägige Anwendung von Honigwasser mit Günsel.

Ajuga chamaepitys ist auch als Schlagkraut bekannt, weil er schon seit dem Altertum als Mittel gegen Schlaganfälle genutzt wird. Gleichwohl wird ihm eine sekretfördernde Wirkung nachgesagt, die den Schweiß und Harn treiben und sogar das Gift von Schlangen- und Skorpionstichen ausleiten soll.

An dieser Ajuga Art wird die Verwendung der Pflanze als Antidot besonders deutlich. Laut Dioskurides nutzten das Kraut in dieser Funktion schon die Bewohner von Heraklea in Pontus. Sie tranken Abkochungen der Kräuterpflanze, um Akonitvergiftungen entgegenzuwirken.

 

Inhaltsstoffe und Wirkung von Günsel

Die Wirkung von Ajuga wird gemeinhin als antioxidativ, antimikrobiell, adstringierend, appetitanregend, blutdrucksenkend, entzündungshemmend, schmerzlindernd, sekretfördernd, verdauungsfördernd und wundheilend beschrieben. Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten insbesondere des Kriechenden Günsels schrieb der englische Apotheker und Arzt Nicholas Culpepers in seinem Werk „the Compelete Herbal“ schon im 17. Jahrhundert über das Kraut:

„Wenn seine Tugenden dafür sorgen, dass du dich in es verliebst (was sie tun werden, wenn du weise bist), trage stets einen Sirup davon zur inneren Einnahme, einen Balsam und eine Paste davon zur äußeren Anwendung bei dir.“

Laut einer türkischen Studie aus dem Jahr 2021 enthält die Pflanze zahlreiche phenolische Inhaltsstoffe mit antioxidativer und antimikrobieller Wirkung, die sich medizinisch recht vielseitig einsetzen lassen.1Gamze Göger, Yavuz Bülent Köse, Fatih Demirci, Fatih Göger: Phytochemical Characterization of Phenolic Compounds by LC-MS/MS and Biological Activities of Ajuga reptans L., Ajuga salicifolia (L.) Schreber and Ajuga genevensis L. from Turkey; in: Turkish Journal of Pharmacological Sciences, Volume 18, Issue 5, 2021; PMID: 34719190 PubMed Central Dazu gehören unter anderem folgende Flavonoide, Glycoside, Pflanzensäuren und Terpene:

  • Ajugacin
  • Anthocyane
  • Apigenin
  • Cumarinsäure
  • Hyperosid
  • Irioidglycoside
  • Kaffeesäure
  • Luteolin
  • Quercitrin
  • Rutin
  • Sigmasterol
  • Sterolglykoside

 

Die historischen Anwendungen dieser Wirkstoffe in der Volksheilkunde reichen gemäß der Studie von Verdauungsbeschwerden wie Durchfall über Herz- und Gefäßerkrankungen bis hin zu entzündlichen Hauterkrankungen.

Eine chinesische Studie der Shenyang Pharmaceutical University entdeckte 2024 außerdem fünf bislang nicht erwähnte bioaktive Substanzen, von denen einige sogar potenzielle krebshemmende Wirkung besitzen.2Kun-Jun Wang, Te-Ri-Gen Bao, Yong-Cheng Yang, Dong-Dong Wang, An-Hua Wang, Xiao-Xu Gao, Ting Yan, Jing-Ming Jia: Five previously undescribed compounds from Ajuga lupulina Maxim. and their in vitro activities; in: Natural Product Research, Volume 38, Issue 3, 2024; PMID: 36200694 PubMed

 

Günsel, Kriechender Günsel, Ajuga reptans
Die heilsamen Blüten und Blätter von Ajuga | © Das Grüne Archiv

Günsel pflanzen – Standort und Ablauf

Die natürlichen Verbreitungsgebiete von Arten der Gattung Ajuga liegen in ganz Eurasien sowie in Afrika und Australien. In Europa und Asien heimische Arten besitzen zumeist eine gute Winterhärte bis -23 °C. Im Kräutergarten können sie somit mehrjährig kultiviert werden.

Alternativ dazu ist Günsel auch für den Ziergarten eine schöne Ergänzung. Die niedrigwüchsige Staude macht sich hervorragend im Beetvordergrund. Darüber hinaus eignet sich die blütenreiche Kräuterstaude auch als Bienenweide. Ein besonderer Tipp sind außerdem Feuchtwiesen und Uferpflanzungen für sehr feuchtigkeisliebende Arten wie den Kriechenden Günsel.

 

Der richtige Standort für Günsel

Ajuga wünscht sich einen sonnigen bis halbschattigen Standort. Hier fühlt sich die Kräuterpflanze auf frisch-feuchtem, humus- und nährstoffreichen Boden am wohlsten. Das Substrat sollte sandig-lehmig bzw. kiesig-lehmig sein.

Mit Blick auf den pH-Wert des Bodens sind schwach saure bis neutrale Werte zwischen 5,5 und 7,5 ratsam. Ein leichter Kalkgehalt macht dem Günsel dabei nichts aus, denn er ist kalktolerant. Eine schöne Hintergrundbepflanzung oder Begleitpflanzen bieten dann hohe Zierstauden wie Glockenblume, Hahnenfuß, HimmelsheroldPrachtspiere oder Trollblume.

Einzelheiten zum Standort für Ajuga:

  • sonniger bis halbschattiger Standort
  • frisch-feuchtes, nährstoffreiches, humoses Substrat
  • Ajuga reptans freut sich über dauerhaft feuchte Standorte
  • sandig-lehmiger oder kiesig-lehmiger Boden
  • Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral, von 5,5 bis 7,5
  • Ajuga ist bis -23 °C winterhart und kalktolerant

 

Günsel, Ajuga, Wildblumenwiese
Ajuga auf der Wildblumenwiese ist eine hervorragende Bienen- und Nützlingsweide.

Pflanzanleitung für Ajuga

Die beste Pflanzzeit für Ajuga ist der Frühling oder Frühherbst. Reichern Sie den Standortboden vorab bei Bedarf mit etwas Hornspänen oder Komposterde an. Beim Einpflanzen ist zu bedenken, dass Günsel eine Oberbodendicke von mindestens 25 cm benötigt, um sich gut entfalten zu können.

In Anbetracht der geringen Wuchshöhe reicht ein Pflanzabstand zu Nachbarpflanzen von 30 cm aus. Pro Quadratmeter sollten aber insgesamt nicht mehr als 10 Pflanzen stehen.

 

Günsel gießen und düngen

Da die Kräuterpflanze einen dauerhaft frisch-feuchten Boden schätzt, ist zu jeder Jahreszeit auf eine ausreichende Bewässerung zu achten. Kalkhaltiges Leitungswasser darf dank guter Kalktoleranz des Krautes verwendet werden.

Ansonsten ist Ajuga relativ genügsam. Eine einmalige Jahresdüngung mit etwas Kompost reicht aus. Die Düngung erfolgt am besten vor der Blüte im März.

 

Günsel, Kriechender Günsel, Ajuga reptans
Herrliche, blau-violette Blüten an gut gepflegter Ajuga reptans

Günsel schneiden und vermehren

Bei günstigen Standortbedingungen ist Ajuga recht wuchsfreidig. Um zu verhindern, dass er Nachbarpflanzen überwuchert, kann man seine Blattrosetten am Rand etwas abstechen. Auch ein jährlicher Rückschnitt wird gut vertragen. Diesen führen Sie am besten im zeitigen Frühjahr durch, damit die Pflanze wieder üppig nachtreibt.

Zur Vermehrung des Günsels graben Sie die Pflanze im Herbst einfach aus und unterziehen sie einer Wurzelteilung. Achten Sie darauf, dass beide Teilstücke gleich groß und ausreichend bewurzelt sind. Ein scharfes Messer ist zur Teilung wichtig, um Pflanzenschäden zu vermeiden.

 

Mögliche Krankheiten und Schädlinge

Ajuga ist äußerst robust und widerstandsfähig. Von Schadbildern wird er deshalb nur selten heimgesucht. Allenfalls zu einem Befall mit Mehltau kann es hin und wieder kommen.

Studienbelege:

  • 1
    Gamze Göger, Yavuz Bülent Köse, Fatih Demirci, Fatih Göger: Phytochemical Characterization of Phenolic Compounds by LC-MS/MS and Biological Activities of Ajuga reptans L., Ajuga salicifolia (L.) Schreber and Ajuga genevensis L. from Turkey; in: Turkish Journal of Pharmacological Sciences, Volume 18, Issue 5, 2021; PMID: 34719190 PubMed Central
  • 2
    Kun-Jun Wang, Te-Ri-Gen Bao, Yong-Cheng Yang, Dong-Dong Wang, An-Hua Wang, Xiao-Xu Gao, Ting Yan, Jing-Ming Jia: Five previously undescribed compounds from Ajuga lupulina Maxim. and their in vitro activities; in: Natural Product Research, Volume 38, Issue 3, 2024; PMID: 36200694 PubMed

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