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Knabenkraut, Milchweißes Knabenkraut, Neotinea lactea

Knabenkraut – Standort, Pflege und Arten

7 Minuten Lesezeit

Das Knabenkraut (Orchis oder Androrchis) stiftet gerne für Verwirrung. Denn neben der eigentlichen Gattung der Knabenkräuter wird der Name auch für einige Artverwandte der Pflanze verwendet. Diese teilen sich mit Orchis bzw. Androrchis zum einen ein ähnliches Aussehen. Zum anderen sind den Knabenkräutern auch sehr ähnliche Standortbedingungen sowie ihr Status als antike Heilkräuter gemeinsam. Einzelheiten hierzu sowie zu wichtigen Kulturtipps für Knabenkräuter finden Sie im nachstehenden Beitrag.

 

Besonderheiten der Knabenkräuter

Man mag es dem Knabenkraut nicht auf den ersten Blick ansehen, doch es gehört zur Familie der Orchideen. Mehr noch, stand seine Fachbezeichnung „Orchis“ sogar Pate bei der Benennung der Orchideengewächse. Dabei ist der Begriff „Knabenkräuter“ oftmals sogar für weitere Orchideenarten in Gebrauch. Im Detail handelt es sich hierbei um folgende drei Gattungen:

  • Anacamptis
  • Dactylorhiza
  • Neotinea

 

Erscheinungsbild der Knabenkräuter

Knabenkräuter sind bis zu 50 cm hohe krautige Pflanzen, die sich durch ihre fackelartigen Blütenstände deutlich von gängigen Orchideenvarianten unterscheiden. Die dreizähligen, zygomorphen, ährigen Blütenstände erinnern bei einigen Arten an die Form eines Helms, bei anderen an die von Lippenblütlern oder Storchschnabelgewächsen wie der Pelargonie.

Ebenso kann man Knabenkräuter von Weitem leicht mit Hyazinthen verwechseln, die mit ihrem dicken Blütenstängel und den dicht besetzten Blütenähren eine ähnliche Wuchsform aufweisen. Allerdings weisen die Blüten des Knabenkrauts deutlich vielseitigere Blütenfarben auf. Diese reichen von Weiß und Gelb über Rosa bis hin zu Purpurrot und besitzen nicht selten ein geflecktes oder zweifarbiges Blütenmuster.

 

Knabenkraut, Orchis, Helm-Knabenkraut, Orchis militaris
Helm-Knabenkraut (Orchis militaris)

Ein altes Aphrodisiakum

Orchis war in der griechischen Mythologie der Sohn einer Nymphe und eines Satyrs und somit ein Kind des Waldes. Nachdem er von Dionysoskultisten in Raserei (sogenannten Bacchanten) getötet wurde, verwandelte sein satyrischer Vater Orchis in jene Orchidee, die heute seinen Namen trägt.

Im mittelalterlichen Aberglauben führte diese Sage dazu, dass Frauen die Knollen des Knabenkrauts aßen, um einen Knaben zu gebären. Die Form der Pflanzenknollen erinnert zudem an die männlichen Hoden, weshalb sie auch der altertümlichen Signaturenlehre als Aphrodisiakum und Potenzmittel Anwendung fanden. Hierher rührt auch der deutsche Name „Knabenkraut“.

 

Knabenkräuter als Heilmittel

Zu den Heilwirkungen von Knabenkräutern gehört unter anderem ein reizlindernder Effekt der pflanzeneigenen Schleimstoffe, die bei Hustenreiz sowie Magen-Darm-Reizungen beruhigend wirken.

Üblich ist außerdem eine Anwendung bei Durchfall, schlecht heilenden Wunden, Geschwüren, Zahnfleisch- und Rachenentzündungen. Die altertümliche Anwendung des Knabenkrauts als Aphrodisiakum hat sich dagegen nicht als wirksam erwiesen.

Achtung: Die unterirdischen Pflanzenteile von Orchis und Dactylorhiza, wie auch der Rest der Pflanze, stehen heute unter besonderem Naturschutz und dürfen in freier Wildbahn auf keinen Fall ausgegraben werden.

 

Orchis, Knabenkräuter
Wilde Knabenkräuter dürfen nicht gepflückt oder ausgegraben werden.

Knabenkraut pflanzen – Standort und Ablauf

Die Kultur von Knabenkräutern steht im klaren Kontrast zu artverwandten Zierorchideen, die gerne als Zimmerpflanzen gehalten werden. Denn das Knabenkraut ist eine heimische, wenn auch gefährdete Wildpflanze. Die natürlichen Verbreitungsgebiete reichen von Europa über die Arabische Halbinsel bis nach Asien.

Dabei ist Knabenkraut bis -23 °C winterhart und kann somit getrost mehrjährig im Garten stehen. Sie ähneln damit dem Frauenschuh, der ebenfalls zu den Orchideengewächsen gehört. Dieser bildet anderen gartentauglichen Orchideen wie den bereits erwähnten Scheinknabenkräutern Neotinea, Dactylorhiza und Anacamptis auch einen idealen Pflanzpartner. Einige Empfehlungen zu Scheinknabenkräutern, die besonders schön neben Orchis zur Geltung kommen, sind:

  • Brand-Knabenkraut (Neotinea ustulata)
  • Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis)
  • Dreizähniges Knabenkraut (Neotinea tridentata)
  • Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)
  • Holunder-Knabenkraut (Dactylorhiza sambucina)
  • Milchweißes Knabenkraut (Neotinea lactea)
  • Heiliges Knabenkraut (Anacamptis sancta)
  • Kleines Knabenkraut (Anacamptis morio)
  • Schmetterlings-Knabenkraut (Anacamptis papilionaceae)
  • Sumpf-Knabenkraut (Anacamptis palustris)

 

Es handelt sich hier teilweise um Arten, die früher sogar selbst noch zur Gattung Orchis gezählt wurden.

 

Knabenkraut, Geflecktes Knabenkraut, Dactylorhiza maculata
Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)

Der richtige Standort für Orchis und Co.

Mit Blick auf Standortbedingungen sind Knabenkräuter nicht sonderlich wählerisch. Auch, wenn ein bisschen Sonne zu empfehlen ist, um die Blühfreudigkeit der Knabenkräuter zu unterstützen, machen ihnen schattigere Standorte grundsätzlich nichts aus.

In Bezug auf das Standortsubstrat zeigen sich Knabenkräuter ebenfalls relativ anspruchslos. Ein frisch-feuchtes und nährstoffreiches Substrat ist den Garten-Orchideen genug. Gewöhnliche Blumenerde mit einem sauren bis neutralen pH-Wert zwischen 5 und 6,5 reicht hierfür vollkommen aus.

Wichtig: Es sei erwähnt, dass Orchis eine sehr standorttreue Pflanze ist. Sie sollte darum nach der Pflanzung nicht mehr umgesetzt werden.

Einzelheiten zum Standort für Knabenkraut:

  • Orchis verträgt vollsonnige wie halbschattige Standorte
  • frisch-feuchte und nährstoffreiche Blumenerde
  • Boden-pH-Wert: sauer bis neutral, zwischen 5 und 6,5
  • Orchis ist sehr Standorttreu, daher bitte nicht umpflanzen
  • gute Pflanzpartner: Frauenschuh und Scheinknabenkräuter
  • die Garten-Orchideen sind bis -23 °C winterhart

 

Knabenkraut, Purpur-Knabenkraut, Orchis purpurea
Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea)

Pflanzanleitung für Knabenkraut

Wie bereits erwähnt, stehen die meisten Arten des Knabenkrauts hierzulande unter Naturschutz. Kaufen Sie vorgezogene Exemplare deshalb bitte nur im darauf spezialisierten Gartenhandel. Haben Sie passende Pflanzen erstanden, gehen Sie bei der Pflanzung wie folgt vor:

1. Schritt – Pflanztermin wählen: Wie alle Orchideen handelt es sich beim Knabenkraut um eine Knollenpflanze. Damit die Pflanzenknollen nach der Ausbringung nicht erfrieren und sich die Orchidee vor dem Winter noch gut entwickeln kann, ist ein Pflanztermin im Frühling, zwischen April und Mai ideal.

2. Schritt – Boden vorbereiten: Lockern Sie den Standortboden vor der Pflanzung gut auf und entfernen Sie Bodenhindernisse wie Unkraut und grobe Steine. Als Grunddüngung empfehlen sich Hornspäne oder gut verrotteter Kompost. Im Anschluss wird für jede Pflanze ein Pflanzloch gegraben, das etwa 20 bis 30 cm tief sein sollte.

3. Schritt – Knabenkraut pflanzen: Setzen Sie die Knabenkräuter so ins Pflanzloch ein, dass die Wurzelknolle später ca. 2 cm dick mit Erde bedeckt ist. Besonders schön kommen die Orchideen in Grüppchen zu je 5 bis 10 Stück zur Geltung. Abschließend werden die Knabenkräuter dann noch sorgsam bewässert.

Kurzschritte zur Pflanzung im Überblick:

  • Pflanztermin: Frühling, zwischen April und Mai
  • Substrat zuvor gut auflockern, Bodenhindernisse entfernen
  • danach mit Hornspänen oder Kompost anreichern
  • Pflanztiefe: 20 – 30 cm
  • Pflanzenknolle mit mind. 2 cm dicker Erdschicht bedecken
  • abschließend die Orchideen bewässern

 

Knabenkraut gießen und düngen

Viel Zuwendung benötigt Orchis in Bezug auf die Pflanzenpflege eigentlich nicht. Allerdings sollte das Standortsubstrat immer gleichmäßig feucht sein. Gießen Sie darum immer nach, wenn der Oberboden trocken erscheint.

Sofern Sie ihr Knabenkraut nicht als Heilpflanze nutzen, kann zur Düngung gewöhnlicher Orchideendünger verwendet werden. Geben Sie diesen alle zwei bis drei Wochen an die Pflanze ab und seien Sie sparsam, da Knabenkräuter bei zu starkem Nährstoffangebot schnell faulen. Bei einer Kultur des Knabenkrauts zu Heilzwecken sollten statt Orchideendünger organische Düngemittel wie Kompost oder Hornspäne zum Einsatz kommen.

Kurztipps zum Gießen und Düngen:

  • immer gießen, sobald oberste Erdschicht abgetrocknet ist
  • alle 2 – 3 Wochen mit Orchideendünger düngen
  • bei Heilkräuterkultur Kompost oder Hornspäne nutzen

 

Knabenkraut schneiden und vermehren

Geschnitten werden müssen Knabenkräuter eigentlich nicht. Allenfalls welke Pflanzenteile sind auszuputzen. Zur Verwendung als Heilpflanze werden die Knollen der Orchideen zur Zeit der Blüte ausgegraben und dann entweder gekocht oder getrocknet und zu Tee oder Brotmehl weiterverarbeitet. Sollte es sich um doppelknollige Exemplare handelt, ist die hellere Knolle auszuwählen.

Vermehrung durch Knollenteilung: Bei guter Pflege bilden die Pflanzenknollen von Orchis im Sommer kleine Tochterknollen aus, die entweder im Herbst von der Mutterknolle abgenommen werden können. Graben Sie hierzu das Knabenkraut vorsichtig aus und trennen Sie die Tochterknollen mit einem scharfen Messer von der Mutterpflanze. Die Teilstücke können dann kühl und dunkel gelagert werden, bevor sie im Frühling wie gewohnt verpflanzt werden.

Kurztipps zum Ernten und Vermehren:

  • zu Heilzwecken Knollen des Knabenkrauts nutzen
  • hierzu die Pflanze im Sommer zur Blütezeit ausgraben
  • Knollen werden danach gekocht oder getrocknet
  • für Vermehrung im Herbst Tochterknollen entnehmen
  • bis zum Frühling kühl und dunkel lagern
  • dann wie gewohnt auspflanzen

 

 

Interessante Arten der Gattung Orchis

Lässt man die Scheinknabenkräuter wie Anacamptis, Dactylorhiza und Neotinea außer Acht, besteht die Gattung der Knabenkräuter aus etwa 22 verschiedenen Arten. Diese blühen in allen nur erdenklichen Farben, die von weiß über gelb bis hin zu rot und violett reichen. Es gibt sogar gefleckte Varianten der Orchis. Einige Empfehlungen finden Sie in der nachstehenden Übersicht:

ArtBeschreibung
Blasses Knabenkraut
Orchis pallens
Blütezeit: April bis Juni
Blütenfarbe: cremeweiße bis blassgelbe Blüten
Wuchshöhe: bis zu 40 cm
Herkunft: Asien, Europa
Eignung für Kultivierung: sehr gut
Besonderheiten: Orchis pallens ist vom Aussterben bedroht und steht unter strengem Naturschutz
Helm-Knabenkraut
Orchis militaris
Blütezeit: Mai bis Juni
Blütenfarbe: rosa-violett gesprenkelte Helmblüten
Wuchshöhe: bis zu 60 cm
Herkunft: Europa
Eignung für Kultivierung: sehr gut
Besonderheiten: Orchis militaris steht unter strengem Naturschutz
Männliches Knabenkraut
Orchis mascula
Blütezeit: Juni bis Juli
Blütenfarbe: hellviolette bis violette Blüten
Wuchshöhe: bis zu 45 cm
Herkunft: Europa
Eignung für Kultivierung: sehr gut
Besonderheiten: Orchis mascula steht unter Naturschutz
Purpur-Knabenkraut
Orchis purpurea
Blütezeit: April bis Juni
Blütenfarbe: weiß-purpur gesprenkelte Blüten
Wuchshöhe: bis zu 80 cm
Herkunft: Asien, Europa
Eignung für Kultivierung: gut
Besonderheiten: Orchis purpurea ist noch nicht naturgeschützt, aber gefährdet
Spitzels Knabenkraut
Orchis spitzelii
Blütezeit: Juni bis August
Blütenfarbe: rotviolette Blüten
Wuchshöhe: bis zu 35 cm
Herkunft: Europa, Nahost, Nordafrika
Eignung für Kultivierung: sehr gut
Besonderheiten: Orchis spitzelii steht unter Naturschutz

 

Mögliche Krankheiten und Schädlinge

Viele Schadbilder sind für Orchis nicht bekannt. Allerdings können Schnecken der Orchidee gefährlich werden. Sie haben es auf die leckeren Knollen der Pflanze abgesehen und arbeiten sich recht schnell zu diesen vor, wenn sie eine potentielle Nahrungsquelle gewittert haben. Ein Schneckenzaun ist für die Kultur des Knabenkrauts deshalb äußerst ratsam.

 

Fazit

Das Knabenkraut ist eine genügsame Garten-Orchidee, die ohne viel Aufwand ganzjährig im Freiland wächst. Außerdem kann man ihre Knollen zu Heilzwecken verwenden, was eine Kultur recht interessant macht. Leider sind Arten der Orchis inzwischen vom Aussterben bedroht, weshalb wir darum bitten, nur Exemplare aus dem Handel zu verwenden. Kombinieren lassen sich die schönen Orchideen mit ähnlich robusten Artverwandten wie Neotinea, Frauenschuh, Dactylorhiza oder Anacamptis.


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