Der Hafer (Avena) ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Dabei reicht die Nutzungsgeschichte des Haferanbaus über 30.000 Jahre zurück. Und auch in der Moderne ist das Getreide wieder voll gefragt. Das insbesondere in Zusammenhang mit gesunden Lebensmitteln.
Inhaltsverzeichnis
ToggleSteckbrief zum Hafer
- Wissenschaftlicher Name: Avena
- Herkunft: Afrika, Asien, Europa
- Wuchshöhe: 80 bis 120 cm
- Blütezeit: Mai bis Juli
- Blüten: grün-gelbe Blütenähren
- Blätter: schmale, linealische Blattspreiten
- Lichtverhältnisse: sonnig bis vollsonnig
- Wasserbedarf: mäßig bis hoch
- Boden: sandig-lehmig
- Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral
- Winterhärte: bis -29 °C winterhart
- Verwendung: Nutzpflanze, Getreidepflanze
Besonderheiten des Hafers
Der Name des Hafers leitet sich vom althochdeutschen habaro für „Korn“ oder „Getreide“ ab, das wiederum aus dem mittelhochdeutschen habere entstand. So verwundert es nicht, dass der Beiname „Haber“ für die Getreidesorte bis heute gebräuchlich ist.
Aussehen und Wuchs
Wie alle Getreidesorten gehört auch Avena zur Familie der Süßgräser. Er wächst typischerweise aufrecht und kann eine Höhe von etwa 80 bis 120 Zentimetern erreichen.
Die Blätter sind schmal und lang, oft mit einem feinen, borstigen Haarbesatz. Die Ähren sind locker und offen, mit langen Stielen, an denen die Getreidekörner in Gruppen angeordnet sind. Diese Struktur ermöglicht eine gute Luftzirkulation und erleichtert die Ernte.
Unterschiede zu anderen Getreidesorten
Arten der Getreidegattung Avena zeichnen sich durch ihre einzigartige Zusammensetzung und Nährstoffdichte aus, die sie von anderen Getreidesorten unterscheidet. Das zeigt sich schon an der lockeren Ährenform, die von so mancher bekannten Getreideart abweicht.
Im Unterschied zu Weizen, Roggen und Gerste enthält Hafer auch kein Gluten, was ihn ähnlich wie Hirse zu einer idealen Wahl für Personen mit Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit macht. Zudem ist Avena auch reich an ungesättigten Fettsäuren und hier insbesondere Linolsäure.
Dafür ist das Haferkorn wie der Dinkel aber auch von einer harten Spelze umgeben, die vor der Verarbeitung entfernt werden muss. Das Innere des Korns hat eine weiche Konsistenz und einen nussigen Geschmack nach dem Kochen.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Anbautechnik: Avena sativa ist weniger anspruchsvoll und gedeiht selbst in kühleren Regionen hervorragend. Damit steht er in klarem Kontrast zu vielen anderen Getreidearten, die sehr viel Wärme benötigen.
Die Wurzeln von Avena dringen auch tiefer in den Boden ein, was die Bodenstruktur verbessert und einen ausgezeichneten Erosionsschutz bietet. Avena hat außerdem die Fähigkeit, toxische Substanzen aus dem Boden zu absorbieren, was zur Reinigung von kontaminierten Böden beiträgt.
Kulturgeschichte von Hafer
Frühe archäologische Beweise zum Anbau von Hafer finden sich bereits in der Bronzezeit. Einige der ältesten Funde stammen aus der Region des heutigen Anatoliens und des östlichen Mittelmeerraums. Dabei war sein Image zunächst nicht das beste.
Wichtige Arten der Gattung Avena
Während archäologische Funde darauf hinweisen, dass wilder Hafer wohl schon vor 32.000 Jahren zur Mehlverarbeitung diente, begann der gezielte Anbau von Kultur-Hafer vergleichsweise spät.
Die genaue Identifikation der damals zur Mehlherstellung genutzten Sorten ist schwierig, da sie sich über Jahrtausende hinweg weiterentwickelt haben. Dennoch kann man annehmen, dass es sich um Arten handelte, die den heute bekannten wilden Avena-Arten wie Wildhafer (Avena fatua) und Wald-Wildhafer (Avena sterilis) ähneln.
Diese Arten sind Vorläufer des heutigen kultivierten Saat-Hafers (Avena sativa) und wuchsen damals wahrscheinlich in der Region des Fruchtbaren Halbmonds, wo frühe Menschen begannen, essbare Pflanzen zu sammeln und zu verarbeiten.
Es sei erwähnt, dass es neben herkömmlichen Arten aus der Gattung Avena auch noch den als Französisches Raygras bekannten Glatthafer (Arrhenatherum elatius) gibt. Ein weiteres Süßgras, das allerdings primär als Grünfutter für Nutztiere und zur Heugewinnung kultiviert wird.
Ein vermeintliches Unkraut mit guter Abhärtung
Anders als Weizen und Gerste, die bereits in der Jungsteinzeit kultiviert wurden, galt Avena sativa lange als Unkraut in Weizen- und Gerstenfeldern. Erst um 2000 v. Chr. begann man damit, ihn systematisch anzubauen.
Aus gutem Grund, denn Avena sativa kommt deutlich besser mit kühlerem und feuchterem Klima zurecht als die bis dato üblichen Getreidesoten. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Arten der Gattung Avena insbesondere in Mitteleuropa und Skandinavien als bedeutende Getreideart etablierte.
Haferflocken, Haferschleim, Hafermehl und Hafermilch
Schon im Mittelalter war Hafer ein wichtiges Grundnahrungsmittel in Ländern wie Schottland, Irland und Schweden. Dabei diente er nicht nur als Nahrung für Menschen, sondern auch als wichtiges Futtermittel für Pferde und andere Nutztiere.
Auch heute noch wird das Getreide sehr vielseitig genutzt. Der Hauptverwendungszweck ist die Herstellung von Haferflocken, die als Frühstückszutat, in Müslis, Müsliriegeln und in diversen Backwaren verwendet werden.
Aus den Flocken lässt sich weiterhin Hafermilch herstellen, die inzwischen eine beliebte pflanzliche Alternative zu Kuhmilch ist. Darüber hinaus ist die Pflanzenmilch für die Hautpflege von besonderem Wert, da Avena sativa nachweislich zum Hautschutz beiträgt.1Olha Ilnytska, Simarna Kaur, Suhyoun Chon, Kurt A Reynertson, Judith Nebus, Michelle Garay, Khalid Mahmood, Michael D Southall: Colloidal Oatmeal (Avena Sativa) Improves Skin Barrier Through Multi-Therapy Activity; in: Journal of Drugs in Dermatology, Volume 15, Issue 6, 2016; PMID: 27272074 JDD
Hafermehl, das durch Mahlen der Getreidekörner gewonnen wird, findet zudem Verwendung als Zutat für Gebäck. Neben Brot wären hier insbesondere die leckeren Haferkekse zu nennen.
Nicht zu vergessen sind außerdem Haferschleim und Porridge, die als besonders verdauungsfördernde und gesunde Frühstücksvarianten gelten.
Nährwerte von Hafer
Hafer enthält wertvolle Nährstoffe wie Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine. Gerade das als Folsäure bekannte Vitamin B9 sowie Vitamin B1 und B6 sind reichlich in dem Getreide vorhanden. Ebenso enthält die Getreidesorte zahlreiche essenziellen Aminosäuren.
Äußerst interessant ist auch die Gesundheitsfunktion der in dem Getreide enthaltenen, wasserlöslichen Ballaststoffe. Es handelt sich hierbei um sogenannte ß-Glucane, wobei sich laut einer kanadischen Kontrollstudie des Clinical Nutrition and Risk Factor Modificatin Centre am St. Michael’s Hospital in Toronto sogar der Cholesterinspiegel durch das ß-Glucan im Hafer senken lässt.2Hoang V T Ho, John L Sievenpiper, Andreea Zurbau, Sonia Blanco Mejia, Elena Jovanovski, Fei Au-Yeung, Alexandra L Jenkins, Vladimir Vuksan: The effect of oat β-glucan on LDL-cholesterol, non-HDL-cholesterol and apoB for CVD risk reduction: a systematic review and meta-analysis of randomised-controlled trials; in: British Journal of Nutrition, Volume 116, Issue 8, 2016; PMID: 27724985 Cambridge University Press
Aufgrund dieser gesundheitlichen Vorteile wird Avena sativa als Superfood und Functional Food zunehmend in der diätetischen Ernährung geschätzt. Hier alle wichtigen Nährstoffe der Getreideart im Überblick:
Nährwert | Gehalt pro 100 g |
---|---|
Kalorien Fett Proteine Ballaststoffe Kohlenhydrate Wasser | 1478 kJ / 353 kcal 7,1 g 11,7 g 5,6 g 59,8 g 12 % |
Mineralstoffe: Calcium Chlorid Eisen Jod Kalium Kupfer Magnesium Mangan Phosphor Selen Zink | 80 mg 119 mg 5,8 mg 6 μg 355 mg 90 μg 129 mg 3,7 mg 342 mg 7 µg 4,5 mg |
Vitamine: Vitamin B1 Vitamin B2 Vitamin B3 Vitamin B5 Vitamin B6 Vitamin B9 Vitamin E | 530 µg 170 µg 2,4 mg 710 µg 960 µg 960 µg 850 µg |
Essentielle Aminosäuren: Arganin Histidin Isoleucin Leucin Lysin Methionin Phenylalanin Threonin Tryptophan Tyrosin Valin | 850 mg 270 mg 560 mg 1,02 g 550 mg 230 mg 700 mg 490 mg 190 mg 450 mg 790 mg |
Anbau von Hafer
Landwirte und Getreidefans, die Hafer anbauen möchten, finden in ihm eine anspruchslose Kulturpflanze, die sich gut an verschiedene Boden- und Klimabedingungen anpasst. Mit Blick auf die Kultur erfordert Avena jedoch einige grundlegende Kenntnisse im Getreideanbau, um eine gute Ernte zu erzielen.
Standort und Boden
Avena sativa ist zwar bis -29 °C vollständig winterhart, benötigt aber dennoch eine frostfreie Periode von mindestens 13 Wochen pro Jahr. Außerdem schätzt die Getreidepflanze trotz ausgezeichneter Winterhärte sonnige bis vollsonnige Standorte.
Das Getreide bevorzugt gut durchlüftete und durchlässige Böden mit einem schwach sauren bis neutralen pH-Wert zwischen 6,0 und 7,5. Er wächst am besten in kühlen, feuchten Klimazonen und benötigt eine ausreichende Wasserversorgung, besonders während der Keimung und frühen Wachstumsphase.
Die optimale Bodenzusammensetzung ergibt sich aus einem humusreichen und sandig-lehmigen Substrat. Vor dem Anbau sollte der Boden tief gelockert, organisch gedüngt und bei Bedarf mit Sand angereichert werden, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern.
Fruchtfolge beachten
Die Fruchtfolge für Hafer sollte sorgfältig geplant werden, um Bodenkrankheiten zu vermeiden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Avena sativa kann nach einer Vielzahl von Kulturen angebaut werden, am besten jedoch nach Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Bohnen, die den Boden mit Stickstoff anreichern.
Es ist ratsam, das Getreide nicht direkt nach anderen Getreidesorten wie Weizen oder Gerste zu pflanzen, um die Anhäufung von Krankheiten und Schädlingen zu verhindern. Eine Kulturpause von 2 bis 3 Jahren zwischen einzelnen Kulturen auf demselben Feld ist ideal.
Pflanzzeit und Aussaat
Die Aussaat von Hafer erfolgt im Frühjahr, wenn die Bodentemperatur etwa 8 bis 10 °C erreicht hat. Die Saatmenge beträgt etwa 150 bis 200 kg pro Hektar.
Avena sativa kann in Reihen oder breitflächig ausgesät werden, wobei eine gleichmäßige Verteilung der Samen wichtig ist. Der optimale Pflanzabstand beträgt 15 bis 20 cm zwischen den Reihen und 2 bis 3 cm Tiefe.
Pflege und Ernte
Während der Wachstumsphase benötigt Avena sativa regelmäßige Bewässerung, insbesondere in trockenen Perioden. Eine ausgewogene Düngung ist wichtig, um das Wachstum zu fördern und die Erträge zu maximieren.
Stickstoff ist der wichtigste Nährstoff für die Pflanze, sollte jedoch in Maßen verwendet werden, um das Risiko von Lagerungsschäden zu minimieren. Phosphor und Kalium sollten ebenfalls in ausreichender Menge vorhanden sein.
Die Erntezeit für Hafer liegt je nach Sorte und Standort zwischen Juli und September. Der optimale Erntezeitpunkt ist erreicht, wenn die Körner hart und trocken sind, aber noch nicht vollständig ausgereift.
Zu diesem Zeitpunkt haben die Körner einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa 14 bis 15 Prozent. Das Getreide wird mit Mähdreschern geerntet und anschließend getrocknet, um die Lagerfähigkeit zu gewährleisten.
Mögliche Krankheiten und Schädlinge
Avena kann von verschiedenen Krankheiten und Schädlingen befallen werden, die den Ertrag und die Qualität der Ernte beeinträchtigen können. Zu den häufigsten Krankheiten zählen Haferkronenrost, Blattfleckenkrankheit und Fusarium-Welke.
Die Pilzerkrankungen lassen sich durch Beachtung der Fruchtfolge, resistente Sorten und den Einsatz von ökologischen Fungiziden kontrollieren.
Schädlinge wie Blattläuse, Haferfliegen und verschiedene Käferarten richten gelegentlich ebenfalls Schäden an. Eine gute Bodenpflege, die Förderung natürlicher Feinde und der gezielte Einsatz von Insektiziden können helfen, den Schädlingsbefall zu minimieren.
FAQs zum Hafer
Was sind die gesundheitlichen Vorteile von Hafer?
Hafer ist reich an Ballaststoffen, insbesondere Beta-Glucan, welches den Cholesterinspiegel senken kann. Er enthält wichtige Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin B1, Magnesium und Eisen. Zudem unterstützt das Getreide die Verdauung und fördert ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl. Außerdem ist er glutenfrei und wird selbst von Personen mit Histaminintoleranz gut vertragen.
Wie bereite ich Haferflocken zu?
Die Zubereitung kann auf vielfältige Weise erfolgen. Für ein klassisches Porridge verwenden Sie am besten Feinblatthaferflocken und kochen diese mit Wasser oder Milch, bis sie eine cremige Konsistenz erreichen. Kernige Haferflocken eignen sich dagegen gut für Müsli oder als Zutat in Backwaren.
Ist Hafer glutenfrei?
Avena sativa ist von Natur aus glutenfrei. Allerdings kann er während der Verarbeitung mit glutenhaltigen Getreiden kontaminiert werden. Achten Sie auf speziell gekennzeichnete glutenfreie Produkte, wenn Sie Zöliakie haben oder glutenempfindlich sind.
Wie lagere ich Haferprodukte richtig?
Die Produkte sollten in einem luftdichten Behälter an einem kühlen, trockenen und dunklen Ort aufbewahrt werden. Dies verhindert, dass sie Feuchtigkeit und Schädlinge aufnehmen und sich mehrere Monate halten. Für eine noch längere Haltbarkeit können Sie die Produkte im Kühlschrank oder Gefrierschrank lagern. Achten Sie darauf, dass der Behälter gut verschlossen bleibt, um den frischen Geschmack zu bewahren und eine mögliche Kontamination zu vermeiden.
Wie baue ich Hafer im eigenen Garten an?
Avena sativa gedeiht am besten in gut durchlässigem Boden und an einem sonnigen Standort. Säen Sie die Samen im Frühjahr, etwa 1-2 cm tief und mit einem Abstand von 10 cm. Halten Sie den Boden gleichmäßig feucht. Das Getreide benötigt etwa drei bis vier Monate zum Wachsen und kann geerntet werden, wenn die Körner hart und trocken sind.
Studienbelege:
- 1Olha Ilnytska, Simarna Kaur, Suhyoun Chon, Kurt A Reynertson, Judith Nebus, Michelle Garay, Khalid Mahmood, Michael D Southall: Colloidal Oatmeal (Avena Sativa) Improves Skin Barrier Through Multi-Therapy Activity; in: Journal of Drugs in Dermatology, Volume 15, Issue 6, 2016; PMID: 27272074 JDD
- 2Hoang V T Ho, John L Sievenpiper, Andreea Zurbau, Sonia Blanco Mejia, Elena Jovanovski, Fei Au-Yeung, Alexandra L Jenkins, Vladimir Vuksan: The effect of oat β-glucan on LDL-cholesterol, non-HDL-cholesterol and apoB for CVD risk reduction: a systematic review and meta-analysis of randomised-controlled trials; in: British Journal of Nutrition, Volume 116, Issue 8, 2016; PMID: 27724985 Cambridge University Press
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