Der Gewöhnliche Giersch (Aegopodium podagraria) wird im Garten häufig als Unkraut verkannt. In Wahrheit handelt es sich bei der Pflanze aber um ein altes Heilkraut und Blattgemüse. Anstatt ihn in Beet und Wiesen unachtsam auszureißen, sollte man sich daher lieber mit der Heilwirkung von Aegopodium podagraria vertraut machen und eventuell sogar über eine gezielte Kultur von Giersch nachdenken.
Inhaltsverzeichnis
ToggleGiersch in der Küche und Medizin
Schon der wissenschaftliche Name von Aegopodium podagraria verweist auf die heilpflanzliche Wirkung des auch als Podagrakraut bekannten Gierschs. Denn das Wort leitet sich vom antiken Begriff Podagra ab, das schon von den römischen Gelehrten Cicero und Seneca als Synonym für Gicht verwendet wurde. Tatsächlich gilt Podagrakraut auch bereits seit der Antike als wichtiges Naturheilmittel gegen Gicht. Doch das alte Küchenkraut kann noch mehr.
Ein Küchenkraut mit vielfältigem Aroma
Giersch gehört zur Familie der Doldenblütler und ist daher eng mit anderen Gemüse- und Gewürzpflanzen wie dem Fenchel, Dill, Kerbel, Koriander, der Petersilie oder Möhre verwandt. Mit letzteren beiden hat Giersch auch geschmacklich viel gemeinsam. Vor allem das Aroma seiner Blätter und Stängel erinnert an eine Mischung aus Möhre und Petersilie. Blüten und Früchte von Aegopodium podagraria besitzen dagegen eine süßlich-scharfe Note.
Früher kam Giersch in der Küche sehr vielseitig als Gewürz oder Gemüse zum Einsatz. Bekannt ist eine Nutzung für die Zubereitung von Tee, Salat oder als Suppengrün und Würzmittel für deftige Gemüsegerichte. Dabei besticht das Blattgemüse durch einen hohen Gehalt an Vitamin C, Magnesium und Calcium.
Giersch in der Signaturenlehre
Aegopodium podagraria ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie im Altertum nach der Signaturenlehre Heilwirkungen bestimmt wurden. Der Gattungsname Aegopodium setzt sich nämlich aus den altgriechischen Worten aigeos für „Ziege“ und podos für „Fuß“ zusammen. Er verweist auf die Kronblätter der Pflanze, deren Formation einem Ziegenfuß ähnelt. So erklären sich auch volkstümliche Beinamen von Giersch wie Ziegenkraut oder Geißfuß.
Der Artenzusatz podagraria wiederum ist aus den griechischen Worten podos für „Fuß“ und ágra für „Fang“ oder „Fessel“ zusammengesetzt. Er nimmt Bezug auf die bei Gichtpatienten oft huf- oder fangklauenartig angeschwollenen Füße.
Die Mediziner der Antike assoziierten besagtes Krankheitssymptom unweigerlich mit der Blattform des Gierschs und sahen in ihm folglich ein Heilmittel gegen Gicht. Und auch, wenn die Signaturenlehre heute als überholt und zu Recht nicht immer korrekt angesehen wird, so lag sie doch zumindest beim Podagrakraut goldrichtig.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Die gute Wirkung von Aegopodium podagraria gegen Gicht ist den Inhaltsstoffen der Kräuterpflanze zu verdanken. Die Erkrankung beruht bekanntlich auf einer Stoffwechselstörung, bei der Harnsäure vermehrt im Organismus eingelagert wird und so entzündliche Prozesse im Körper provoziert. Vor allem antioxidative, stoffwechselanregende und entzündungshemmende Wirkstoffe in Giersch sorgen für einen verbesserten Abtransport der Harnsäure und lindern zugleich krankheitsbedingte Entzündungen.
Darüber hinaus kann Aegopodium podagraria auch noch bei anderen Gesundheitsbeschwerden helfen. Dank seiner harntreibenden Wirkung ist das Kraut für eine Anwendung bei Harnwegsinfekten geeignet. Seine schmerzlindernden Eigenschaften prädestinieren es zudem für die Behandlung von Rheuma.
Weitere Anwendungsgebiete sind Verdauungsbeschwerden, Arthritis und Schmerzsymptome. Die wundheilende Wirkung von Giersch macht die Pflanze außerdem zu einem guten Hausmittel in der Wundbehandlung und Versorgung von Mückenstichen. Als medizinische Wirkstoffe lassen sich dabei vor allem folgende Inhaltsstoffe festhalten:
- Bergamoten
- Carotine
- Cumarin
- Falcarindiol
- Flavonoide
- Germacren
- Limonen
- Pinen
- Zimtsäure
Giersch pflanzen – Standort und Aussaat
Giersch ist in Europa und Asien heimisch, wobei seine Naturstandorte überwiegend in Laubwäldern und an Waldrändern zu finden sind. Er gilt als äußerst widerstandsfähig, und das nicht nur in Sachen Winterhärte, die im Falle von Aegopodium podagraria bis -25 °C reicht. Ebenso lässt er sich nur schwer entfernen, denn seine Wurzeln sind äußerst hartnäckig im Boden verankert.
Nichtsdestotrotz besitzt Aegopodium podagraria einen hohen ökologischen Wert. Denn seine vielblütigen, doldigen Blütenstände machen ihn zu einer wunderbaren Bienenweide im Nützlingsgarten. Neben der Wildform gibt es dabei auch zwei dekorative Kultursorten. Die Sorte ‚Variegata‘ fasziniert hier mit grün-weiß panaschierten Blättern. Bei der Sorte ‚Golden Marbled‘ ist die Panaschierung gelb-grün.
Giersch als Unkraut durch richtige Standortwahl vorbeugen
Was Aegopodium podagraria bei Gärtnern oft zu einem unliebsamen Unkraut macht, ist einerseits sein wucherndes Wurzelwerk. Die Pflanze bildet lange Ausläufer und übersteht selbst aggressive Pflanzenschutzmittel. Ebenso bildet die Pflanze als Doldenblütler doldige Samenstände mit vielen kleinen Same aus, die eine rege Selbstaussaat begünstigen.
Am besten ist es daher, das heilsame Kraut nur kontrolliert im Gemüse- oder Kräuterbeet zu pflanzen. Speziell im Kräuterbeet hat sich eine Pflanzenfolge von Giersch und Kartoffeln bewährt, um die Wuchsfreudigkeit der Kräuterpflanze im Zaum zu halten. Da Kartoffeln schneller wachsen als Giersch, bieten sie eine gute Wurzelkonkurrenz. Und beim Ernten der Kartoffelknollen kann man auch gleich überschüssige Ausläufer des Krautes mitentfernen.
Des Weiteren kann es nützlich sein, den Standort von Podagrakraut etwas heller zu wählen, um den Wuchs einzudämmen. Von Haus aus bevorzugt die Pflanze eigentlich halbschattige bis schattige Standorte und breitet sich dann auch recht rasch aus.
Für kahle und dunkle Gartenstandorte (z.B. im Schattengarten), an denen sonst nichts wachsen will, ist das eventuell von Vorteil. Wer aber einem regen Unkrautwuchs an viel bepflanzten Standorten entgegenwirken möchte, tut dies am besten mit einem etwas sonnigeren Standort.
Tipp: Wer nicht direkt ins Beet säen möchte, kann Giersch auch im Topf kultivieren.
Der richtige Boden für Giersch
An das Standortsubstrat stellt Giersch keine besonderen Ansprüche. Frisch-feuchte, sandig-lehmige oder kiesig-lehmige Böden sind der 40 bis 60 cm hohen Pflanze am liebsten, wobei die Wuchsfreudigkeit umso größer ist, je nährstoffreicher, humoser und stickstoffhaltiger der Boden ist.
Ein schwach saurer pH-Wert des Bodens zwischen 6 und 6,5 Punkten ist empfehlenswert. Wird der Boden nämlich zu neutral und steigt auf einen pH-Wert von 7 an, nimmt die Pflanze zu viel Stickstoff auf und wuchert dementsprechend.
Einzelheiten zum Standort für Giersch:
- schattiger bis halbschattiger Standort
- frisch-feuchter, humoser und nährstoffreicher Boden
- sandig-lehmiges oder kiesig-lehmiges Substrat
- pH-Wert des Bodens: schwach sauer, von 6 bis 6,5
- Unkrautwuchs durch Fruchtfolge mit Kartoffeln eindämmen
- Stickstoffzufuhr der Pflanze ergänzend drosseln
- Giersch ist bis -25 °C winterhart
Aussaat von Giersch
Giersch ist ein klassisches Frühlingskraut und kann schon ab März bis einschließlich Oktober ausgesät werden. Denken Sie aber daran, dass es sich bei der Pflanze trotz Schattenliebe um einen Lichtkeimer handelt. Das Saatgut sollte deshalb nach der Aussaat nur leicht mit Erde bedeckt werden.
Sobald sich etwa 10 cm hohe Jungpflanzen aus den Samen entwickelt haben, muss man Giersch auf einen Pflanzabstand von 30 cm vereinzeln. Pro Quadratmeter sollten dann nicht mehr als 5 bis 9 Pflanzen stehen.
Giersch gießen und düngen
Aegopodium podagraria schätzt eine gewisse Grundfeuchte des Bodens. In heißen Sommermonaten muss daher manuell bewässert werden. Ansonsten versorgt sich die Pflanze im Freiland aber weitestgehend selbst mit Wasser. Lediglich im Topf könnten zusätzliche Gießgänge etwas öfter notwendig sein.
Eine zusätzliche Düngung ist bei Giersch nicht notwendig. Im Gegenteil, könnten zusätzliche Gaben von Stickstoffdünger ein Wuchern der Kräuterpflanze befördern.
Giersch ernten und schneiden
Die Ernte von Giersch ist je nach Aussaattermin zwischen März und Oktober möglich. Im Frühling lassen sich vorrangig die frischen Blätter der Pflanze ernten. Wer hier einen besonders intensiven Geschmack der Blätter wünscht, erntet sie erst, wenn sie etwas älter sind.
Während der Blütezeit von Juni bis August ist dann auch eine Ernte der Kräuterblüten möglich. Sie lassen sich ähnlich wie die Gierschblätter zu Tee verarbeiten oder als Würzmittel für Salate und Gemüsebeilagen verwenden.
Im Herbst reifen dann die aromatischen Spaltfrüchte von Aegopodium podagraria heran. Es ist empfehlenswert, die Fruchtstände in jedem Fall vor der Samenreife abzuschneiden, um eine unkontrollierte Selbstaussaat der Pflanze zu vermeiden. Die Früchte können als leicht süßlich-scharfe Würzmittel in der Küche verwendet werden.
Mögliche Krankheiten und Schädlinge
Es sind keine besonderen Schadbilder für Aegopodium podagraria bekannt.
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