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Färberkrapp, Krappwurzel, Färberröte, Rubia tinctorum

Färberkrapp (Färberröte) – Inhaltsstoffe, Verwendung und Kultur

8 Minuten Lesezeit

Der auch als Färberröte oder Krappwurzel bekannte Färberkrapp (Rubia tinctorum) ist buchstäblich tief verwurzelt in der europäischen Färberkunst. Seine kräftig rot färbenden Wurzeln dienten nämlich schon im Mittelalter als wichtige Quelle für roten Farbstoff. Dabei entstand aus dem gemahlenen Wurzelpulver nicht nur manch exklusive Farbvariation, sondern auch so manches Heilmittel

Steckbrief zum Färberkrapp

Leaf Divider

  • Herkunft: Südosteuropa, Westasien
  • Wuchshöhe: 30 bis 150 cm
  • Blütezeit: Juni bis September
  • Blütenfarbe: gelblich-grüne Radblüten
  • Blätter: dunkelgrüne, länglich-ovale Blattwirteln
  • Lichtbedarf: Vollsonne bis Halbschatten
  • Boden: sandig-lehmig
  • Boden-pH-Wert: neutral bis leicht alkalisch
  • Winterhärte: bis -15 °C
  • Wasserbedarf: mäßig
  • Verwendung: Färberpflanze, Heilpflanze
  • Wirkung: antibiotisch, antioxidativ, entzündungshemmend, harntreibend, leberstärkend

Die rote Färberwurzel

Der wissenschaftliche Name von Ribua tinctorum bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt wortwörtlich „Röte der Färber“. Als Färbermittel verwendet wird dabei die Krappwurzel (Rubii radix). Und die hat es farblich und historisch gleichermaßen in sich.

Nutzungsgeschichte des Färberkrapps

Der Färberkrapp ist ähnlich der Färberdistel, dem Färberwaid und Indigo eine der wichtigsten Färberpflanzen der Antike. Er ist ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet und wurde dort bereits um 1.500 v. Chr. kultiviert. Sowohl für die Perser und Ägypter, als auch die Griechen und Römer war diese Färberpflanze, die einen der ältesten Farbstoffe der Menschheit darstellt, unersetzlich.

Legendär sind die mit Krappwurzel rot gefärbten Umhänge der römischen Legionäre. An ihnen wird deutlich, dass die Farbe Rot schon damals symbolisch für Triumph, Macht, Autorität und Kampfesmut stand. Eine Farbsymbolik, für die Krapp auch in Asien und hier insbesondere im chinesischen Kaiserreich stand.

Als ein bedeutsames antikes Handelsgut zwischen Europa und Asien war der Färberkrapp auch deutlich günstiger als manch anderes rotes Färbermittel. Dementsprechend wurde es schon damals vielerorts großflächig kultiviert.

Eine färbende Heilpflanze

Dioskurides spricht von wohlbekannten Krappkulturen in Tabiane, Galatien, Ravenna und Karien und berichtet davon, dass die Pflanze gerne unter Ölbäumen gesät wird, weil aus ihr ein großer Nutzen erwächst. Bezug nahm er damit nicht nur auf die Eignung von Rubia tinctorum als Färberpflanze, sondern auch auf ihre Nutzung als Heilpflanze.

Der griechische Heilkundige und Pharmakologe schreibt der Pflanze eine harntreibende, leberstärkende und menstruationsfördernde Wirkung zu. Ebenso wird die Pflanze in der Volksmedizin zur Behandlung von Blutarmut, Entzündungen, Gelbsucht, Gicht, Ischias, Rachitis (Vitamin-D-Mangel) und Steinleiden eingesetzt.

Neuere Studien bescheinigen der Pflanze zudem ein antioxidatives und antibakterielles Wirkprofil.1Fatima Zohra Houari, Mostapha Brahmi, Ramazan Erenler, Ahmed Hariri: Chemical profile, antibacterial and antioxidant properties of Rubia tinctorum L. essential oils; in: Natural Products Research, 2024; PMID: 38824663 Taylor & Fracnis Online Auch eine besondere Wirkung von Krapp gegen Akne wird derzeit erforscht.

 

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Inhaltsstoffe der Krappwurzel

Je nach Verarbeitungsmethode reichen die durch Färberkrapp erzeugten Farben von Orange bis Ziegelrot. Gelbe Farbpigmente in der Krappwurzel gehen dabei auf den zitronengelben Farbstoff Ruberythrinsäure zurück.

Das kräftige Rot entspringt hingegen dem Farbstoff 1,2-Dihydroxyanthrachinons, besser bekannt als Alizarin. Insgesamt lassen sich folgende färbende und medizinisch relevanten Inhaltsstoffe des Färberkrapps nennen:

  • Alizarin
  • Cyclohexanon
  • Gerbstoffe
  • Hydroxyanthrachinon
  • Pektine
  • Ruberythrinsäure
  • Rubichlorsäure
  • Zitronensäure

 

Krappwurzel, Färberkrapp, Färberröte, Rubia tinctorum
geschnittene Krappwurzel | © Maša Sinreih

Die Bedeutung von Alizarin als Ur-Rot 

Aus Färberröte gewonnenes Alizarin lässt sich bereits in den archäologischen Grabfunden Tutanchamuns nachweisen. Überhaupt galt der Farbstoff in der Antike als „Rot der Herrscher“, was an diversen Anekdoten und Legenden ersichtlich wird.

Die Farbe des königlichen Militärs

In den Legenden um Alexander den Großen nahm dieser Farbstoff gar eine zentrale Rolle im Kampf des makedonischen Königs gegen das Perserheer ein. Demnach ließ er die Gewänder seiner Soldaten mit Färberkrapp rot färben, um den Persern den Eindruck blutdurchtränkter Stoffe zu suggerieren.

Die Perser wurden daraufhin siegessicher zur Unachtsamkeit im Kampf verleitet, sodass Alexander der Große die Schlacht mit List gewann. Dass Alizarin als Farbstoff der Könige und Heeresführer galt, zeigt sich aber nicht nur an Assoziationen mit griechischen und römischen Soldatengewandungen.

So förderte Karl der Große um 800 n. Chr. beispielsweise sehr gezielt den Anbau von Krapp im Fränkischen Reich, nachdem Benediktinermönche die Pflanze zuvor über die Alpen nach Mitteleuropa gebracht hatten. Aus seinen Anbaubestrebungen ergab sich in Folge die Entstehung wichtiger Anbaugebiet wie die im niederländischen Zeeland.

Im Orient galt die Türkischrotfärbung von Baumwollstoffen und den als Fes bekannten, türkischen Kopfbedeckungen mit Alizarin ab dem 18. Jahrhundert als königliches Färbereihandwerk, das später auch die indische und europäische Textilfärberei inspirierte. Die Färbetechnik war ursprünglich in 20 aufwändige Teilschritte gegliedert, wurde durch die kräftige Färbung des roten Krappfarbstoffes aber erheblich erleichtert.

Im 19. Jahrhundert verfügte König Louis-Philippe, dass französische Soldaten mit Krapp rotgefärbte Hosen zu tragen hatten. Diese rot gefärbten Hosen sind bis heute ein französisches Markenzeichen historischer Armeeuniformen.

Herstellung der Färberröte

Die traditionelle Gewinnung von Alizarin als Naturfarbe erfolgt durch Ernten und Extrahieren der Krappwurzel. Es werden ausschließlich dreijährige Wurzelexemplare verwendet, da diese einen besonders hohen Gehalt an Ruberythrinsäure besitzen. In ihr liegt der rote Farbstoff in ungelöster Form vor.

Um den Farbstoff aus der Ruberythrinsäure zu lösen, gibt es zwei Methoden der Kräuterextraktion, die je nach Art mehr oder weniger aufwändig sind:

  • Wasserextraktion: Die Krappwurzel wird über mehrere Wochen in Wasser eingeweicht, bis es zur Abspaltung des Alizarins kommt. Die Färberröte lagert sich dann als Ausfallsprodukt am Boden des Extraktionsbehälters ab und kann durch Abschöpfen des Wassers gewonnen werden.

Tipp: Es empfiehlt sich die Verwendung eines transparenten Extraktionsbehälters, um den Fortschritt der Abspaltung leicht überprüfen zu können.

  • Trocknung: Sowohl der in Wasser extrahierte Farbschlamm als auch die geschälte Krappwurzel selbst können getrocknet und zu Farbpulver gemahlen werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass der Extraktionsprozess durch Trocknung bei ganzen Wurzeln bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen kann, ehe eine Abspaltung von Alizarin erfolgt.

 

Alizarin, Färberröte
Gemahlenes Alizarin-Pulver

Farbvariatonen von Alizarin

Farbschlamm und Farbpulver der Färberröte lassen sich sehr vielseitig einsetzen. Denkbar ist das Einfärben von Stoffen, Papier oder Keramik. Speziell auf Stoffen wird Alizarin eine exquisite Waschbeständigkeit nachgesagt.

Voraussetzung für ein gutes Haften auf Textilien ist allerdings, dass man die Stoffe vorab beizt. Dadurch ergeben sich in Abhängigkeit von dem genutzten Beizmittel sowie dem Extraktionsverfahren bzw. der Extraktionszeit mitunter auch verschiedene Farbtöne.

Es gibt hier einige historische Rottöne, wie zum Beispiel das Speyerer Rot, Türkischrot oder die Hagenauer Röte. Für weitere Farbtöne hier ein paar Empfehlungen:

  • Rot und Purpur: Kräftiges Rot entsteht bei der Färberröte vor allem durch eine lange Extraktionszeit mit sorgfältiger Filterung. Auf Wolle kommt eine Kombination aus Allaunbeize und Alizarin für intensive Rottöne zum Einsatz. Das Papyrus Holmensis empfiehlt die Anwendung von Färberröte auf blaue Stoffe zum Erhalt von Purpur.
  • Orangerot und Rosa: Für ein zartes Rosa oder Orangerot muss Alizarin in einem schwach sauren bis neutralen Lösungsmittel (pH-Wert 4 bis 7) extrahiert oder mit diesem verdünnt werden. Hierfür bietet sich zum Beispiel eine wässrige Lösung mit 1 bis 2 % Essig an. Auch sollte die Extraktionszeit vergleichsweise kurz ausfallen. Für das Einweichen der Wurzeln reichen hier etwa 40 bis 60 Minuten.
  • Schwarz und Violett: Ein tiefes Violett erhält man durch das Mischen von Alizarin mit alkalischen Lösungsmitteln ab einem pH-Wert von 10 bis 12. Denkbar sind zum Beispiel Harnstoff, Natron oder Pottasche. Auch Eisenbeize erzeugt einen blau-violetten Farbton.

 

Färberkrapp, Rubia tinctorum
Übrigens: Theoretisch kann man es auch mit den Beeren von Rubia tinctorum auf einen Färberversuch ankommen lassen.

Färberkrapp pflanzen

Wer Färberkrapp selbst pflanzen möchte, hat mit der Staude keinen großen Kulturaufwand. Die Stammgattung der Rötegewächse ist nicht sehr anspruchsvoll, benötigt für eine gute Entwicklung ihrer färbenden Wurzeln aber spezielle Standortbedingungen.

Auch ist in extrem kalten Wintern ein leichter Winterschutz empfehlenswert. Immerhin sollen die Wurzeln vor der Ernte drei Jahre lang kräftig wachsen, ohne durch Minusgrade Schaden zu nehmen.

Standort und Boden

Färberkrapp ist eine robuste bis -15 °C winterharte Pflanze, die aber sonnige und warme Standorte bevorzugt. Sie gedeiht besonders gut in gut durchlässigen, tiefgründigen Böden. Der ideale Boden für Färberkrapp ist sandig-lehmig oder leicht kalkhaltig und reich an Nährstoffen.

Ebenso sollte der Boden gut belüftet und durchlässig sein, um ein gesundes Wurzelwachstum zu fördern. Ein pH-Wert im neutralen bis leicht alkalischen Bereich zwischen 6,5 und 8,0 Punkten ist ideal.

Vor der Pflanzung kann der Boden mit Kompost oder organischem Dünger verbessert werden, um die Nährstoffversorgung zu sichern. Ein lockerer, humusreicher Boden unterstützt das Wachstum der kräftigen Wurzeln, die für die Gewinnung des Farbstoffs genutzt werden.

Pflanzzeit und Aussaat

Die Aussaat von Färberkrapp erfolgt im Frühjahr, von April bis Mai, sobald der Boden ausreichend erwärmt ist und die Frostgefahr vorüber ist. Die Pflanzen benötigen eine lange Wachstumsperiode, um sich gut zu entwickeln, daher ist eine frühe Aussaat entscheidend. In kühleren Regionen kann Färberkrapp darum auch vorgezogen und später ins Freiland verpflanzt werden.

Die Samen werden in Reihen mit einem Abstand von etwa 40 bis 50 cm ausgesät, damit die Pflanzen genügend Raum zur Entfaltung haben. Für eine optimale Pflanztiefe gilt ein Wert von ca. 1 cm. Bedecken Sie das Saatgut anschließend leicht mit Erde und halten Sie die Anzucht anschließend gleichmäßig feucht. Bis zur Keimung dauert es etwa 2 bis 3 Wochen.

Gießen und Düngen

Färberkrapp hat einen moderaten Wasserbedarf und sollte mäßig, aber regelmäßig gegossen werden. Das gilt insbesondere während der Keim- und Wachstumsphase. Dabei darf jedoch keine Staunässe entstehen, da dies die Wurzeln schädigen kann. In trockenen Perioden ist eine zusätzliche Bewässerung notwendig, um die Pflanzen vital zu halten.

Für eine optimale Nährstoffversorgung kann Färberkrapp zu Beginn der Wachstumsperiode mit Kompost oder einem organischen Dünger versorgt werden. Während der Vegetationsperiode ist eine gelegentliche Düngung ausreichend, um die Pflanze kräftig und gesund zu halten.

Stickstoffreiche Dünger sollten sparsam verwendet werden, um das Wurzelwachstum zu fördern, da die Wurzeln der Pflanze die Quelle des wertvollen roten Farbstoffs Alizarin sind.

Schneiden und Ernten

Färberkrapp wird hauptsächlich wegen seiner Wurzeln kultiviert, die den roten Farbstoff Alizarin enthalten. Die Ernte erfolgt frühestens nach drei Jahren, da sich erst dann genügend Farbstoffe in den Wurzeln angesammelt haben. Die Wurzeln werden im Spätherbst oder frühen Winter geerntet, sobald die oberirdische Pflanze abgestorben ist.

Um die Wurzeln zu ernten, werden die Pflanzen vorsichtig ausgegraben. Die Wurzeln sollten gründlich gereinigt und getrocknet werden, bevor sie weiterverarbeitet oder gelagert werden. Es ist möglich, dass Teile der Wurzeln im Boden verbleiben und im nächsten Jahr erneut austreiben. Eine nachhaltige Ernte kann somit über mehrere Jahre erfolgen.

Vermehrung durch Stecklinge

Die Vermehrung des Färberkrapps erfolgt entweder durch Aussaat, Teilung des Wurzelballens oder durch Stecklinge. Bei der Vermehrung durch Wurzelstecklinge können die Pflanzen schneller wachsen, da sie bereits etablierte Wurzelsysteme haben.

Wenn Wurzelstecklinge des Färberkrapps verwendet werden, sollten die Pflanzen einen Abstand von 30 bis 40 cm zueinander haben. Setzen Sie die Stecklinge flach, etwa 5 bis 10 cm tief, in den Boden ein und achten Sie bis zum Anwachsen im Boden auf eine gute Bewässerung.

Studienbelege:

  • 1
    Fatima Zohra Houari, Mostapha Brahmi, Ramazan Erenler, Ahmed Hariri: Chemical profile, antibacterial and antioxidant properties of Rubia tinctorum L. essential oils; in: Natural Products Research, 2024; PMID: 38824663 Taylor & Fracnis Online

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