Der auch als Spelz bekannte Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta / Triticum spelta) wird oft für eine eigenständige Getreideart gehalten. In Wahrheit handelt es sich aber um eine Unterform des Weizens. Dessen ungeachtet weist Spelz aber einige signifikante Unterschiede zu anderen Weizenarten auf. Dies sowohl mit Blick auf den Wuchs, als auch in Sachen Nährstoffprofil.
Inhaltsverzeichnis
ToggleSteckbrief zum Dinkel
- Wissenschaftlicher Name: Triticum spelta
- Herkunft: Arabische Halbinsel
- Wuchshöhe: 1 bis 1,5 m
- Blütezeit: Juni bis Juli
- Blüten: grüngelbe bis gelbbraune Blütenähren
- Blätter: linealische, schmale Blattspreiten
- Lichtverhältnisse: sonnig
- Wasserbedarf: mäßig
- Boden: sandig-lehmig
- Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral
- Winterhärte: bis -15 °C winterhart
- Verwendung: Nutzpflanze, Getreidepflanze
Besonderheiten von Spelz
Die Dinkelähre unterscheidet sich trotz Zugehörigkeit zur Weizengattung sehr von Artverwandten wie dem Hartweizen oder Weichweizen. Hinzu kommen diverse Unterschiede in der Nährstoffzusammensetzung, die mitunter sogar für eine bessere Verträglichkeit der Getreidesorte sorgen können.
Aussehen und Wuchs
Spelz zeichnet sich durch sein hohes, schlankes Wachstum aus. Die Getreideähren sind deutlich filigraner als bei manch anderen Weizenarten. Dabei erreicht der Dinkel Wuchshöhen von etwa 1 bis 1,5 m. Die Grannen der Ähren sind relativ kurz.
Seine Halme sind stabil und widerstandsfähig, was dem Dinkel hilft, auch bei widrigen Wetterbedingungen standzuhalten. Die Ähren sind mit fest anliegenden Spelzen versehen, die das Korn umhüllen und schützen. Die Körner selbst sind länglich, von goldbrauner Farbe und etwas größer als die von herkömmlichem Weizen.
Unterschiede zu anderen Getreidearten
Spelzkörner sind namensgemäß von harten Spelzen umgeben, die nach der Ernte erst entfernt werden müssen, bevor man die Körner weiterverarbeiten kann. Damit ähneln Dinkelkörner Ur-Weizenarten wie Einkorn (Kleines Spelz) und Zweikorn (Emmer), aber auch Gerste und Hafer.
Die schützende Spelzhülle verleiht dem Dinkel eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Umwelteinflüsse. Aus diesem Grund hält es Wetterextremen gerade mit Blick auf den Klimawandel deutlich besser stand als manch andere Getreidearten. Für den Getreideanbau eine Zukunftschance.
Im Anbau ist Dinkel robuster und weniger anspruchsvoll in Bezug auf die Bodenqualität. Er kann auf ärmeren Böden gedeihen und benötigt weniger Düngemittel und Pestizide, was ihn zu einer ökologisch vorteilhaften Kultur macht.
Kulturgeschichte von Dinkel
Dinkel gehört zu den ältesten kultivierten Getreidearten, wobei sich erste Anbauformen bis etwa 5.000 v. Chr. in die frühen landwirtschaftlichen Kulturen des Nahen Ostens zurückverfolgen lassen. Das Getreide verbreitete sich von dort über den Balkan und gelangte schließlich nach Mitteleuropa.
Das Kultgetreide der kleinen Eiszeit
Im antiken Ägypten und im Römischen Reich war Dinkel ein Grundnahrungsmittel und wurde sowohl für die Herstellung von Brot als auch für die Zubereitung von Getreidebrei verwendet. Die Römer schätzten Dinkel besonders für seine Robustheit und Anpassungsfähigkeit, was ihn zu einem wichtigen Bestandteil der römischen Agrarkultur machte.
Im Mittelalter war Spelz in Europa bereits weit verbreitet. Es galt als das Hauptgetreide der Bauern, vor allem in Regionen wie Süddeutschland, der Schweiz und Österreich. Das insbesondere im 12. Jahrhundert als in Mitteleuropa eine ungewöhnliche Kälteperiode für schlechte Ernten sorgte.
Es handelt sich hierbei um ein mittelalterliches Klimaphänomen, das der „kleinen Eiszeit“ vorausging, die zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert aufkam. Sie sorgte für frühe Frosteinbrüche im Herbst, extrem harte Winter sowie einen spürbar verspäteten Frühlingseinbruch.
Dinkel bewährte sich während dieser Zeit als robustes, winterhartes Getreide. Er besitzt von Natur aus eine Winterhärte bis -15 °C, die sich im Winter aber noch weiter ausbilden kann. Dementsprechend wird Spelz meist in Winterkultur angebaut.
Dinkel als Lieblingsgetreide der Hildegard von Bingen
Eine der bekanntesten Fürsprecherinnen des Dinkels war die Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098–1179). Hildegard war eine bedeutende Mystikerin, Gelehrte und Heilerin des Mittelalters, deren Schriften einen erheblichen Einfluss auf die mittelalterliche Medizin und Ernährung hatten.
In ihren umfangreichen Werken „Physica“ und „Causae et Curae“ pries sie den Dinkel als besonders gesundheitsförderndes Getreide. Hildegard beschrieb Dinkel als „das beste Getreide, fettig und kräftig und milder als andere Körner“ und empfahl ihn für eine Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden.
Sie betonte, dass Dinkel leicht verdaulich sei, das Blut reinige und den Geist belebe. Ihre Schriften trugen erheblich zur Verbreitung und Wertschätzung des Dinkels in der mittelalterlichen Medizin bei.
Dank Hildegard von Bingens Empfehlungen blieb Dinkel in einigen Regionen Deutschlands, insbesondere im Süden, weiterhin beliebt, auch als andere Getreidearten bereits dominanter wurden.
Kräuterwelten: Verdauungskräuter
Nährwerte von Dinkel
Spelz ist eine der beliebtesten Mehlalternativen zu herkömmlichem Weizenmehl. In Bezug auf den Nährstoffgehalt enthält Dinkel mehr Proteine und Vitamine, insbesondere B-Vitamine und Mineralstoffe wie Magnesium und Zink, als moderner Weizen. Er ist auch reicher an Ballaststoffen.
Und obwohl Dinkel wie Weizen Gluten enthält, unterscheidet sich dessen Struktur von dem der Stammart. Einige Menschen mit Weizensensitivität, Glutenunverträglichkeit oder auch Histaminintoleranz vertragen Dinkel deshalb besser als andere Weizenaerten.
Laut einer deutschen Studie der Universität von Hohenheim in Stuttgart enthält Dinkel gut ein Drittel, strukturell von herkömmlichen Weizenproteinen abweichende Proteine. Die zuständigen Forscher machen einige dieser Proteine für die bessere Verträglichkeit von Spelz bei Zöliakie und Histaminintoleranz verantwortlich.1Muhammad Afzal, Jens Pfannstiel, Julia Zimmermann, Stephan C Bischoff, Tobias Würschum, C Friedrich H Longin: High-resolution proteomics reveals differences in the proteome of spelt and bread wheat flour representing targets for research on wheat sensitivities; in: Scientific Reports, Volume 10, Issue 1, 2020; PMID: 32895444 Nature
Geschmacklich hat Dinkel im Vergleich zu Weizen einen nussigeren, leicht süßlichen Geschmack, der ihn gerade für die Herstellung von Backwaren so interessant macht. Die Süße geht auf strukturell ebenfalls vom Weizen abweichende Zuckerbestandteile der korneigenen Kohlenhydrate zurück. Hier alle wichtigen Nährstoffe im Überblick:
Nährwert | Gehalt pro 100 g |
---|---|
Kalorien Fett Proteine Ballaststoffe Kohlenhydrate Wasser | 1457 kJ / 348 kcal 1,7 g 17 g 10 g 60,3 g 9 % |
Mineralstoffe: Calcium Chlorid Eisen Fluorid Jod Kalium Kupfer Magnesium Mangan Phosphor Selen Zink | 25 mg 18 mg 4,4 50 μg 1 μg 415 mg 0,4 mg 136 mg 4,3 mg 422 mg 30 μg 3,7 mg |
Vitamine: Vitamin B1 Vitamin B2 Vitamin B3 Vitamin B5 Vitamin B6 Vitamin B9 Vitamin E | 410 µg 220 µg 4,0 mg 900 µg 300 µg 30 µg 800 µg |
Essentielle Aminosäuren: Arganin Histidin Isoleucin Leucin Lysin Methionin Phenylalanin Threonin Tryptophan Tyrosin Valin | 690 mg 270 mg 400 mg 700 mg 310 mg 160 mg 400 mg 300 mg 80 mg 190 mg 500 mg |
Anbau von Dinkel
Dinkel gehört wie alle Getreidearten zur Familie der Süßgräser und folgt in Sachen Kulturbedingungen ähnlichen Grundlagen. Ein paar Besonderheiten gibt es aber.
Standort und Boden
Dinkel wächst am besten in einem sandig-lehmigen Boden. Dieser Bodentyp bietet eine gute Balance zwischen Durchlässigkeit und Wasserhaltevermögen, was wichtig für das Wurzelwachstum und die Nährstoffaufnahme ist. Schwach saure bis neutrale pH-Werte des Bodens, zwischen 6 und 7 sind zu empfehlen.
Der Standort sollte außerdem sonnig sein und das Substrat gut durchlüftet, tiefgründig und mäßig feucht. Aufgrund seiner Robustheit eignet sich Dinkel auch für weniger fruchtbare Böden und kann in höheren Lagen und kühleren Klimazonen gedeihen. Ein optimaler Standort bietet aber dennoch ein Grundmaß an Nährstoffen.
Beachtung der Fruchtfolge
Spelz eignet sich gut für eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, da er anspruchslos ist und sich an verschiedene Anbaubedingungen anpassen kann. Es ist ratsam, Dinkel nicht wiederholt auf derselben Fläche anzubauen, um die Ansammlung von Krankheiten und Schädlingen zu vermeiden.
Eine sinnvolle Fruchtfolge könnte etwa alle drei bis vier Jahre eine andere Getreideart oder Hülsenfrüchte vorsehen, um den Boden gesund zu halten und die Erträge zu maximieren.
Vor und nach der Dinkelaussaat können Sie außerdem tiefwurzelnde Pflanzen wie Raps anbauen, die zur Verbesserung der Bodenstruktur und Nährstoffversorgung beitragen.
Die Rotation trägt dazu bei, den Nährstoffhaushalt des Bodens zu optimieren und das Risiko von Krankheits- und Schädlingsbefall zu reduzieren.
Pflanztermin und Aussaat
Dinkel wird in der Regel als Wintergetreide angebaut und somit von Spätsommer bis Frühherbst ausgesät, idealerweise zwischen August und September. Die Aussaat sollte erfolgen, wenn die Boden- und Wetterbedingungen eine stabile Keimung ermöglichen.
Eine Sommerkultur ist ebenfalls möglich, besonders in wärmeren Regionen, wo der Dinkel vor Wintereinbruch ausreichend Zeit zum Wachsen hat. Die beste Zeit für die Aussaat liegt hier zwischen März und April.
Vor der Aussaat sollte der Boden gut vorbereitet und eventuell gekalkt werden, um die besten Wachstumsbedingungen zu schaffen. Säen Sie die Körner anschließend in einer Saattiefe von ca. 2 bis 4 cm, um eine gute Durchwurzelung zu gewährleisten. Der Reihenabstand beträgt zwischen 15 und 20 cm.
Die Aussaatdichte liegt für gewöhnlich bei etwa 150 bis 200 Körnern pro Quadratmeter, um eine optimale Bestandsdichte zu erreichen. Das Getreide keimt dann etwa 1 bis 2 Wochen nach der Aussaat, überwintert und treibt im Frühling wieder aus.
Pflege und Ernte
Während der Vegetationsperiode sollte der Boden unkrautfrei gehalten werden, da Dinkel vergleichsweise empfindlich gegenüber Unkrautkonkurrenz ist. Bei Bedarf kann eine vorsichtige Düngung mit Stickstoff und Phosphor zur Förderung des Wachstums erfolgen, Überdüngung ist aber tunlichst zu vermeiden.
Die Bewässerung ist meist nur bei längeren Trockenperioden notwendig, da Dinkel relativ trockenresistent ist.
Die Ernte erfolgt, wenn die Körner reif sind und sich der Feuchtigkeitsgehalt auf etwa 14 Prozent gesenkt hat. Dies ist üblicherweise im Juli bis August der Fall, je nach Aussaatzeitpunkt und Witterungsbedingungen.
Die reifen Ähren werden entweder mit einem Mähdrescher geerntet oder, bei kleineren Flächen, manuell geschnitten und gebündelt. Nach der Ernte müssen Sie die Körner gründlich trocknen, um eine lange Lagerfähigkeit zu gewährleisten.
Wenn die Körner an der Luft getrocknet werden, kann dies in einem gut belüfteten Raum oder unter einem schützenden Vordach mehrere Tage bis Wochen dauern, abhängig von der Wetterlage und der Anfangsfeuchtigkeit der Körner. Es ist wichtig, die Körner regelmäßig umzuwälzen, um eine gleichmäßige Trocknung zu gewährleisten.
Bei der Verwendung von Trocknungsanlagen oder -öfen kann die Trocknungszeit erheblich verkürzt werden. In diesen Fällen kann die Trocknung innerhalb von 24 bis 48 Stunden erfolgen, abhängig von der Temperatur und der Luftzirkulation im Trocknungsgerät.
Mögliche Krankheiten und Schädlinge
Spelz ist im Vergleich zu anderen Getreidearten relativ robust und widerstandsfähig gegenüber Schadbildern. Gelegentlich kann er aber von verschiedenen Krankheiten und Schädlingen betroffen sein. Zu den häufigsten gehören:
- Mehltau: Ein häufiger Pilz, der sich durch weiße, pulverige Flecken auf den Blättern bemerkbar macht. Der Pilzbefall kann das Wachstum und die Erträge der Pflanzen erheblich beeinträchtigen. Hier ein paar nützliche Tipps zur Behandlung von Mehltau.
- Braunrost: Diese Pilzkrankheit verursacht orange-braune Flecken auf den Blättern und kann die Ernte durch die Reduzierung der Photosyntheseleistung schädigen. Die Wahl resistenter Sorten, eine saubere Bodenoberfläche und der Einsatz von Nematoden können hier helfen.
- Fusarium: Ein Schimmelpilz, der Fusarium-Kolbenfäule verursacht und die Körner infizieren kann. Dies kann zu einem verminderten Ertrag und einer schlechten Körnerqualität führen. Abhilfe Schaffen die Einhaltung der Fruchtfolge und der Einsatz biologischer Mittel wie Trichoderma, die das Wachstum des Pilzes hemmen.
- Dinkel-Käfer (Sitophilus granarius): Diese Schädlinge bohren Löcher in die Körner und fressen das Innere. Sie können die Qualität der Ernte beeinträchtigen und Lagerverluste verursachen. Sie werden am besten durch geeignete Lagerbedingungen in gut belüfteten, kühlen und trockenen Umgebungen kontrolliert. Bei starkem Befall können natürliche Insektizide wie Neemöl helfen.
- Schnecken: Schnecken können junge Dinkelpflanzen fressen und Schäden an den Blättern und Stängeln verursachen. Sie lassen sich durch den Einsatz von Schneckenzäunen oder Kupferband von den Pflanzen ferngehalten werden. Die Förderung natürlicher Feinde wie bestimmte Vögel oder Raubschnecken kann ebenfalls hilfreich sein.
FAQs zu Dinkel
Was ist Dinkel?
Dinkel oder Spelz ist eine alte Getreideart, die eng mit Weizen verwandt ist und wie dieser zur Gattung Triticum gehört. Er zeichnet sich durch seinen nussigen Geschmack und seine festere Konsistenz aus. Spelz enthält mehr Eiweiß und Mineralstoffe als herkömmlicher Weizen und gilt als bekömmlicher für viele Menschen mit Weizenempfindlichkeiten.
Welche gesundheitlichen Vorteile bietet Dinkel?
Dinkel enthält wertvolle Nährstoffe wie Ballaststoffe, Proteine, B-Vitamine und Mineralien wie Eisen und Magnesium. Er unterstützt die Verdauung, fördert eine gesunde Haut und stärkt das Immunsystem. Der höhere Ballaststoffgehalt kann zudem zur Regulierung des Blutzuckerspiegels beitragen.
Wie kann man Dinkel in der Küche verwenden?
Spelz kann vielseitig verwendet werden: als Ganzkorn, in Form von Mehl für Brot und Gebäck, als Grütze oder als Beilage. Er eignet sich gut für Salate, Suppen, Porridges und als Ersatz für Reis oder Nudeln. Die Verwendung ist ähnlich wie bei anderen Getreidearten.
Ist Dinkel glutenfrei?
Dinkel enthält Gluten, daher ist er für Menschen mit Zöliakie oder starker Glutenunverträglichkeit ungeeignet. Für Personen mit leichteren Glutenempfindlichkeiten wird er aber oft besser vertragen als herkömmlicher Weizen, da sein Glutengehalt etwas niedriger ist.
Wie unterscheidet sich Dinkel von Weizen?
Dinkel unterscheidet sich von Weizen durch seine robustere Hülle, die ihn widerstandsfähiger gegen Schädlinge und Umwelteinflüsse macht. Er hat einen nussigen Geschmack und eine festere Konsistenz. Auch in der Nährstoffzusammensetzung zeigt sichSpelz reicher an Mineralstoffen und Eiweiß im Vergleich zu Weizen.
Studienbelege:
- 1Muhammad Afzal, Jens Pfannstiel, Julia Zimmermann, Stephan C Bischoff, Tobias Würschum, C Friedrich H Longin: High-resolution proteomics reveals differences in the proteome of spelt and bread wheat flour representing targets for research on wheat sensitivities; in: Scientific Reports, Volume 10, Issue 1, 2020; PMID: 32895444 Nature
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