Bei der Blutwurz muss man zwischen zwei verschiedenen Gewächsen unterscheiden. Zum einen wäre da die echte Blutwurz (Sanguinaria) – ein altes Heilkraut aus der Volksmedizin der amerikanischen Ureinwohner. Zum anderen gibt es mit dem auch als Rotwurz oder Blutwurz bekannten Aufrechten Fingerkraut auch ein heimisches Heilkraut aus Europa. In gemäßigten Breitengraden kultivieren lassen sich aber beide Pflanzenarten problemlos.
Inhaltsverzeichnis
ToggleBesonderheiten der Blutwurz-Arten
Unter den beiden als Blutwurz bekannten Pflanzenarten gibt es durchaus manche Gemeinsamkeiten. Beispielsweise werden beide gerne zur Behandlung von Beschwerden im Hals- und Rachenraum eingesetzt. Vollständig identisch ist die Heilwirkung der beiden Pflanzen aber nicht. Darüber hinaus gibt es auch mit Blick auf ihr Wachstum, Erscheinungsbild und ihre taxonomische Zuordnung gravierende Unterschiede.
Kanadische Blutwurz
In der eigentlichen Gattung Sanguinaria gibt es nur eine Art: die Kanadische Blutwurz (Sanguinaria canadensis). Es handelt sich also um eine monotypische Pflanzengattung und diese gehört zur Familie der Mohngewächse. Der Name „Blutwurz“ bezieht sich dabei auf den blutroten Milchsaft, den die Wurzeln der Pflanze führen.
Schneidet man in die Rhizome, mutet der austretende Milchsaft an, als würden die Wurzeln bluten, was letztendlich zur Namensgebung führte. Der rote Wurzelsaft wurde von einigen indigenen Völkern Amerikas neben der Nutzung als heilsames Wurzelextrakt früher auch als rote Gesichtsbemalung verwendet.
Sanguinaria canadensis gedeiht ausschließlich in Nordamerika und hier bevorzugt im östlichen und zentralen Kanada. Neben seinen „blutenden“ Wurzeln sind dabei auch die ziervollen, weißen Radblüten der Pflanze charakteristisch, die ihre Blütezeit zwischen April und Mai haben. Ihretwegen wird die bis zu 40 cm hohe Kanadische Blutwurz gerne als frühblühende Zierstaude bzw. Frühlingsblume in Parks und Gärten gepflanzt.
Schöne Sorten der Sanguinaria canadensis sind ‚Flore pleno‘, ‚Major‘ und ‚Multiplex‘. Die Sorte ‚Flore pleno‘ fasziniert durch besonderen Blütenreichtum. ‚Major‘ besitzt besonders große und ‚Multiplex‘ seltene gefüllte Blüten. Die Blätter der Pflanze sind je nach Sorte herz- oder nierenförmig gelappt.
Aufrechtes Fingerkraut
Das auch als Rotwurz, Blutwurz oder Tormentill bekannte Aufrechte Fingerkraut (Potentilla erecta). Ist nicht näher mit Sanguinaria verwandt. Es gehört zur Gattung der Fingerkräuter aus der Familie der Rosengewächse und ist in ganz Europa heimisch. Dass man die Fingerkraut-Art gerne als Blut- oder Rotwurz bezeichnet, rührt von dem roten Farbstoff Tormentol der Pflanzenwurzeln her, der an den Schnittflächen der ansonsten eher orange gefärbten Rhizome austritt.
Tormentol wurde im Mittelalter recht umfangreich als Farbstoff genutzt. Sowohl Textilien für Wolle und Tierfelle als auch verschiedene Spirituosen erhielten durch Zugabe von Tormentill-Wurzeln eine blutrote bis rotbraune Farbe.
Optisch von Sanguinaria canadensis unterscheiden kann man das Aufrechte Fingerkraut gut anhand seiner gelben Radblüten. Deren Blütezeit liegt abweichend zur Kanadischen Blutwurz zwischen Mai und Oktober. Außerdem wächst Potentilla erecta mit einer Wuchshöhe von 10 bis 30 cm etwas niedriger als Sanguinaria canadensis. Die dreiteiligen Rosettenblätter der Pflanze sind am Blattrand leicht gezähnt.
Blutwurz in der Küche und Medizin
Sowohl Tormentill als auch die Kanadische Blutwurz werden in ihren Kulturkreisen recht umfangreich als Heilpflanzen genutzt. Speziell Tormentill wird in Europa und hier insbesondere in Bayern zudem zur Herstellung von Verdauungsschnäpsen und Likören genutzt, die früher als Jagertee oder Förstertee bekannt waren und ähnlich wie der österreichische Jagertee gerne heiß getrunken wurden.
Auch Durmentillschnaps genannt, kannte man die Spirituosen aus Blut- und Bärwurz oder Bibernelle schon im Mittelalter als Hausmittel gegen Geburtswehen, Magenbeschwerden und sogar die Pest. Ein bayerisches Sprichwort besagt hierzu:
„Ess Durmentill und Bibernell, dann stürbst net so schnell“
Inhaltsstoffe und Wirkung von Sanguinaria canadensis
Unter den indigenen Völkern Nordamerikas war Sanguinaria canadensis vor allem bei den Algonkin, Irokesen und den Sioux als Heil- und Färberpflanze sehr kostbar. Mit Walnussöl oder Bärenfett vermengt, stellten sie daraus eine rote Farbe zur Gesichts- bzw. Kriegsbemalung her. Darüber hinaus diente das rote Wurzelextrakt des ihnen als Poughkone oder Puccoon bekannten Krautes auch zur Behandlung verschiedener Gesundheitsbeschwerden.
Es ist bekannt, dass ein Tee aus Blutwurz in der amerikanischen Volksheilkunde gegen Erkältung, Blutstau, Atemwegsinfekte wie Diphtherie, Tuberkulose, Menstruationsbeschwerden und Rheuma zum Einsatz kam. Auch eine Anwendung gegen Verdauungsbeschwerden, Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen war üblich. Zur Wundbehandlung wurden außerdem die Wurzel der Pflanze in 1 bis 2 l Wasser gekocht und der gekühlte Absud dann auf wunde Hautstellen aufgetragen.
Neuere Studien bestätigen zahlreiche der oben genannten Wirkungen von Kanadischer Blutwurz und schreiben ihr antiemetische, auswurffördernde, entzündungshemmende, herz- und gefäßstärkende sowie neuroprotektive Eigenschaften zu. In der Naturheilkunde wird es gerne als Gurgelwasser bei verschleimtem Hals oder Halsschmerzen verwendet. Hauptwirkstoffe der Pflanze sind Ischinolinalkaloide wie Sanguinarin und Chelerythrin. Insgesamt lassen sich folgende medizinisch wirksamen Inhaltsstoffe festhalten:
- Chelerythrin
- Chelilutin
- Chelirubin
- Sanguinarin
- Sanguilutin
- Sanguirubin
Anwendungshinweise:
Es sei darauf hingewiesen, dass Alkaloide in zu hohen Dosen als Giftstoffe wirken. Ein hoher Gehalt ist hier auch bei anderen Mohngewächsen wie dem Erdrauch oder Schöllkraut zu beobachten, weshalb man entsprechende Kräuter nur sehr schwach dosiert und am besten nur in Form von zugelassenen Fertigpräparaten wie Salben oder Teekräutern mit expliziten Dosierungshinweisen zu sich nehmen sollte.
Inhaltsstoffe und Wirkung von Potentilla erecta
Wenngleich auch das Aufrechte Fingerkraut gerne als Mundspülung bei Entzündungen im Mund- und Rachenbereich sowie gegen Entzündungen des Zahnfleischs verwendet wird, gestalten sich Inhaltsstoffe und Gesamtwirkung von Potentilla erecta doch ganz anders als bei Sanguinaria canadensis.
Der rote Wurzelsaft Tormentol setzt sich hauptsächlich aus Gerbstoffen wie Catechin, Chinovasäure und Ellagsäure zusammen. Hinzu kommen ätherische Öle, Flavonoide, Saponine und Glykoside. Sie verleihen Potentilla erecta einen adstringierenden, blutstillenden und entzündungshemmenden Effekt. Die wichtigsten Wirkstoffe auf einen Blick:
- ätherische Öle
- Catechin
- Chinovasäure
- Ellagsäure
- Flavonoide
- Gerbstoffe
- Glykoside
- Phenolcarbonsäure
- Saponine
- Tormentol
- Tormentillin
Die Anwendung von Aufrechtem Fingerkraut als Mundspülung wird bereits bei Dioskurides beschrieben. Er kannte das Kraut noch als Gänsefuß. Bei Hildegard von Bingen hieß Potentilla erecta dagegen Fünffingerkraut, bezogen auf die dreiteiligen Pflanzenblätter mit ihren zwei Nebenblättern. Sie nutzte das Kraut vorrangig zur Behandlung von Fieber.
Ergänzend zu den genannten Anwendungsgebieten ist auch die Verwendung gegen Magen-Darm-Entzündungen und Verdauungsbeschwerden wie Durchfall gebräuchlich. Äußerlich wird Tormentill gegen Juckreiz und Hautentzündungen genutzt.
Anwendung und Dosierung:
Die Einnahme erfolgt meist in Teeform, wobei für die Zubereitung ½ TL der getrockneten Wurzelkräuter auf 250 ml Wasser kommen. Von diesem Blutwurz-Tee kann man täglich bis zu zwei Tassen trinken.
Alternativ dazu ist es auch möglich, Blutwurzschnaps gegen Verdauungsbeschwerden einzunehmen. Wer möchte, kann aus Tormentill auch eine Blutwurztinktur zur äußeren Anwendung herstellen. Nützliche Tipps zur Herstellung von Tinkturen finden Sie hier.
Blutwurz pflanzen – Standort und Ablauf
Trotz ihrer vielfältigen Unterschiede in Sachen Erscheinungsbild, Inhaltsstoffe und Wirkung besitzen Potentilla erecta und Sanguinaria canadensis erstaunlich ähnliche Standortvorlieben. Man kann sie im Garten also durchaus am selben Standort kultivieren. Dabei ist Tormentill bis -29 °C, die Kanadische Blutwurz sogar bis -35 °C winterhart.
Der richtige Standort für Tormentill und Blutwurz
Die beiden Blutwurz-Arten bevorzugen halbschattige Standorte. Damit sind sie wunderbar für die Unterpflanzung hoher Sträucher und Bäume bzw. zur Pflanzung am Gehölzrand geeignet. Eine schöne Pflanzidee sind sie außerdem für die Blumenwiese, den Kräutergarten oder Naturgarten.
In Sachen Standortsubstrat ist für Potentilla erecta und Sanguinaria canadensis gleichermaßen ein frisch-feuchter, humoser und mäßig nährstoffreicher Boden zu wählen. Sandig-lehmige Substrate mit einem schwach sauren bis neutralen pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 sind am besten geeignet.
Einzelheiten zum Standort auf einen Blick:
- halbschattige Standorte
- frisch-feuchter, humoser, mäßig nährstoffreicher Boden
- sandig-lehmiges Substrat
- Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral, von 6,5 bis 7,5
- Tormentill ist bis -29 °C winterhart
- Kanadische Blutwurz besitzt eine Winterhärte bis -35 °C
Pflanzanleitung für Blutwurz
Der ideale Pflanztermin für Blutwurz liegt im Frühling, zwischen April und Mai. Alternativ dazu ist auch eine Aussaat der Samen im Vorfrühling denkbar. Lockern Sie das Standortsubstrat vor der Pflanzung bzw. Aussaat gut auf und reichern Sie es bei Bedarf mit Sand an.
Das Saatgut sollten Sie in Reihen mit Abständen von jeweils 25 cm aussäen. Nach der Keimung können die Pflanzen dann auf einen Pflanzabstand von 20 bis 30 cm vereinzelt werden. Der gleiche Abstand ist bei Direktpflanzung vorgezogener Pflanzen aus dem Handel einzuhalten.
Blutwurz gießen und düngen
Sowohl Tormentill als auch die Kanadische Blutwurz sind etwas empfindlich gegenüber Bodentrockenheit. Es ist daher ratsam, den Boden zum Schutz vor Austrocknung zu mulchen und in anhaltenden Trockenphasen regelmäßig die Bodenfeuchte zu kontrollieren.
Im Ernstfall muss dann manuell bewässert werden. Nutzen Sie hierfür aber nur kalkfreies Regenwasser, da insbesondere Potentilla erecta nicht besonders kalktolerant ist.
Blutwurz ernten und vermehren
Geerntet werden die Wurzelkräuter dieser Pflanzen im Spätherbst, zwischen Oktober und November. Zu diesem Zeitpunkt sind die Rhizome besonders reich an Nährstoffen. Vor der Verwendung sollte man die Kräuter trocknen und anschließend klein schneiden. Danach lassen sie sich luftdicht verschlossen in Aufbewahrungsgläsern bis zu einem Jahr lagern.
Es kann sinnvoll sein, die Kräuter im Zuge der Wurzelernte zu teilen und ein gut bewurzeltes Teilstück zurück ins Beet zu pflanzen. Auf diese Weise stellt man auch im Folgejahr wieder eine gute Ernte sicher.
Mögliche Krankheiten und Schädlinge
Es sind keine besonderen Schadbilder für Blutwurzen bekannt.
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