Es mag nicht jedem bewusst sein, doch bei der Artischocke (Cynara) handelt es sich streng genommen um eine Distelart, um nicht zu sagen, die größte Distel der Welt. Dass man sie im Gemüsebeet als solche nicht erkennt, hängt maßgeblich daran, dass sie geerntet wird, bevor ihre markanten, distelartigen Quastenblüten entstehen.
Wer aber genau hinsieht, der erkennt schon an den kopfigen, dachziegelartig gerippten Blütenknospen die Verwandtschaft zu anderen Distel-Arten. Letztendlich sind es auch genau diese Blütenknospen, die bei der Artischocke als Gemüsespezialität dienen. Doch Cynara kann noch mehr.
Inhaltsverzeichnis
ToggleArtischocke in der Küche und Medizin
Cynara gehört wie die meisten Distelarten zur Familie der Korbblütler, wobei sie nicht nur ein mediterranes Kultgemüse, sondern auch eine mediterrane Kräuterpflanze stellt. Als wichtigste Kulturart gilt die Kardone oder Kardon-Artischocke (Cynara cardunculus), die es in zwei Kulturvarianten gibt:
- Distel-Artischocke (Cynara cardunculus subsp. scolymus)
- Zier-Artischocke (Cynara cardunculus subsp. flavescens)
Zu den Sorten der Zierartischocke gehört des Weiteren die als Spanische Artischocke oder Gemüseartischocke bekannte ‚Cardy‘. Sie ist die traditionelle Kulturform im Bereich der Gemüsesorten und besitzt einen besonders feinen Geschmack.
Daneben gibt es mit der Chinesischen Artischocke (Stachys affinis) noch eine weitere Art außerhalb der Gattung Cynara. Sie gehört zu den Arten des Ziests.
Von Riesendisteln und Karden
Schon der Artenzusatz der Kardone „cardunculus“ verweist auf ihre Zugehörigkeit zu den Distel-Arten. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt so viel wie „kleine Distel“.
Klein ist die Artischocke aber mitnichten. Die Pflanze erreicht Wuchshöhen von bis zu 2,5 m, ihre Blätter eine Länge von bis zu 80 cm. Und auch ihre körbchenförmige Blütenknospe, die bekanntermaßen als Knospengemüse genutzt wird, erreicht gigantische Ausmaße von 8 bis 15 cm.
Nun verweist der Name der Kardone aber noch auf eine ganz andere Distelart, nämlich die Karde. Allerdings sind die Artischocke und auch die meisten anderen Distelarten mit dieser nicht näher verwandt. Im Unterschied zu den Korbblütler-Disteln gehört die Karde nämlich zu den Geißblattgewächsen.
Nährwerte der Artischocke
Die Artischocke gilt vor allem Personen, die auf eine schlanke Linie achten, als echter Geheimtipp. Das Gemüse ist sehr kalorienarm und besitzt nur wenig Fett und Kohlenhydrate.
Außerdem wirkt das Knospengemüse dank seines hohen Gehalts an Ballaststoffen und Wasser verdauungsfördernd, entschlackend und entwässernd. Eine beliebte Zutat ist sie deshalb für gesunde Diäten und Detox-Diäten wie die Frühjahrskur. Ein echtes Superfood also. Hier die Nährwerte im Überblick.
Nährwert | Gehalt pro 100 g |
---|---|
Kalorien Fett Proteine Ballaststoffe Kohlenhydrate Wasser | 180 kJ / 43 kcal 0,1 g 2,4 g 10,8 g 2,6 g 83 % |
Mineralstoffe: Calcium Chlorid Eisen Fluorid Jod Kalium Kupfer Magnesium Mangan Phosphor Schwefel Zink | 53 mg 40 mg 1,5 mg 50 μg 4 μg 353 mg 0,3 mg 26 mg 0,4 mg 130 mg 15 mg 0,5 mg |
Vitamine: Provitamin A Vitamin B1 Vitamin B2 Vitamin B6 Vitamin C Vitamin E | 20 μg 140 μg 10 μg 100 μg 8 mg 190 μg |
Ein klassisches Mediterrangemüse
Artischocken stammen ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, wo sie neben Südeuropa auch in Nordafrika und im Westen der Arabischen Halbinsel heimisch sind. Zu den klassischen Artischockengerichten gehören dabei Speisen aus den unterschiedlichsten Kulturräumen.
Wohlbekannt ist der Artischockensalat aus der italienischen und griechischen Nationalküche. Speziell in Italien bereitet man zudem gerne Paella, Pasta und Antipasti mit Artischocken zu.
Die Nationalküche Marokkos kennt wiederum Tagine mit Artischocken. In der Türkei ist Zeytinyağlı Enginar (geschmorte Artischocken in Olivenöl) sehr beliebt.
Für die Zubereitung werden sowohl die Hüllblätter des Knospenstands als auch der Knospen- bzw. Blütenboden, das sogenannte Artischockenherz verwendet. Das Gemüse kann entweder gegart, gebraten oder geschmort werden.
Inhaltsstoffe und Wirkung der Artischocke
Aufzeichnungen zur Wirkung von Cynara als Heilpflanze reichen bis in die Antike zurück. Wissenschaftlich nachgewiesen sind inzwischen eine Reihe an medizinisch wertvollen Inhaltsstoffen mit äußerst vielfältiger Gesundheitswirkung.
Laut einer 2024 durchgeführten Studie aus Italien ist die Pflanze reich an Phenolen, Flavonoiden und Terpenen,1Valentina Laghezza Masci, Enrica Alicandri, Chiara Antonelli, Anna Rita Paolacci, Rosita Marabottini 1, William Tomassi, Giuseppe Scarascia Mugnozza, Antonio Tiezzi, Stefania Garzoli, Vittorio Vinciguerra, Anna Maria Vettraino, Elisa Ovidi, Mario Ciaffi: Cynara cardunculus L. var. scolymus L. Landrace „Carciofo Ortano“ as a Source of Bioactive Compounds; in: Plants, Volume 13, Issue 6, 2024; PMID: 38592769 MDPI darunter:
- Caffeoylquinsäure
- Chinasäure
- Chlorogensäure
- Cynarosid
- Cynaropicrin
- Glucoside
- Luteolin
- Rutinosid
Sie verleihen Cynara gemäß Studienergebnissen eine antimikrobielle, antioxidative, entwässernde, entzündungshemmende, herz-, gefäß-, leber-, nerven- und nierenstärkende Wirkung. Zudem betonten die zuständigen Forscher, dass die krebshemmenden Eigenschaften der Artischocke zunehmend an Bedeutung in der Krebsforschung gewinnen.
Für die heilpflanzliche Anwendung kann man die Pflanze zum Beispiel zur Herstellung von Säften, Tees oder Tinkturen verwenden. Und auch der bloße Genuss als Gemüsebeilage wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus.
Artischocke pflanzen
Bedingt durch ihre mediterrane Herkunft ist die Artischocke leider nicht winterhart. In gemäßigten Breitengraden wird sie deshalb als einjährige Gemüsestaude kultiviert. Die Kultur gelingt jedoch ganz leicht, wenn man weiß, worauf zu achten ist.
Standort und Boden
Artischocken bevorzugen einen sonnigen, warmen Standort mit mindestens sechs Stunden Sonnenlicht pro Tag. Sie wachsen am besten in tiefgründigen, nährstoffreichen und gut durchlässigen Böden. Der pH-Wert des Bodens sollte leicht sauer bis neutral sein, idealerweise zwischen 6 und 7,5 Punkten.
Als Bodensubstrat ist ein sandig-lehmiger Untergrund am besten geeignet. Schwere, lehmige Böden sind für den Anbau von Cynara nicht zu empfehlen und sollten mit Komposterde oder Sand aufgelockert werden.
Pflanztermin
Artischocken können entweder durch Direktsaat oder durch das Auspflanzen vorgezogener Jungpflanzen im Freiland kultiviert werden. Die Aussaat in Töpfen erfolgt bereits im Februar oder März in einem warmen Gewächshaus oder auf der Fensterbank.
In Regionen mit milden Wintern kann das Saatgut auch direkt ins Freiland gesät werden, sobald der Boden im April vollständig frostfrei und schon etwas erwärmt ist. Jungpflanzen sollten dagegen erst nach dem letzten Frost, etwa im Mai, ins Freiland gepflanzt werden.
Aussaat und Pflanzung
Säen Sie die Samen in einer Pflanztiefe von ca. 1 bis 2 cm in das Substrat. Die Keimung erfolgt bei Temperaturen zwischen 18 und 22 °C und dauert etwa 2 bis 3 Wochen. Verwenden Sie für die Anzucht am besten eine gut durchlässige Aussaaterde.
Cynara benötigt viel Platz zum Wachsen. Jungpflanzen sollten deshalb auf einen Pflanzabstand von 80 bis 100 cm vereinzelt werden, um eine ausreichende Luftzirkulation und Wurzelentwicklung zu gewährleisten. Zwischen den Reihen ist ein Abstand von 90 bis 100 cm einzuhalten.
Der gleiche Pflanz- und Reihenabstand gilt auch für die Direktpflanzung. Dabei sollten Sie darauf achten, die Pflanzen vor der Ausbringung ins Freiland ausreichend abzuhärten, indem Sie sie über ein paar Tage hinweg stundenweise nach draußen stellen.
Artischocke gießen und düngen
Artischocken haben einen hohen Wasserbedarf, insbesondere in den Sommermonaten. Jedoch dürfen sie dennoch nicht staunass stehen. Gießen Sie also mäßig, aber regelmäßig, sobald der Boden oberflächlich abgetrocknet ist.
Als Starkzehrer profitiert Cynara von einer regelmäßigen Nährstoffzufuhr. Im Laufe der Wachstumsperiode können Sie die Pflanze deshalb getrost alle vier bis sechs Wochen mit einem stickstoffreichen Dünger (z.B. Brennnesseljauche) versorgen. Eine zusätzliche Gabe von Kalium und Phosphor im Frühsommer fördert zudem die Blütenbildung.
Artischocke ernten und vermehren
Artischocken werden geerntet, sobald sich die Knospen vollständig entwickelt haben, aber noch fest und geschlossen sind. Dies ist in der Regel von Spätsommer bis Frühherbst der Fall.
Schneiden Sie die Knospen dann etwa 5 cm unterhalb des Blütenkopfes ab. Lassen Sie die Knospen nicht aufblühen, da sie dann an Geschmack verlieren und nicht mehr essbar sind.
Die Vermehrung erfolgt durch Samen oder Teilung der Wurzelballen. Die einfachste Methode ist die Teilung, bei der im Frühjahr Ableger von der Mutterpflanze abgetrennt und an einem neuen Standort eingepflanzt werden.
Cynara kann mehrere Jahre alt werden, wobei die Teilung alle 3 bis 4 Jahre zur Verjüngung durchgeführt werden sollte. Zu diesem Zweck muss die frostempfindliche Pflanze aber an einem frostfreien Winterstandort überwintern, zum Beispiel im temperierten Gewächshaus.
Artischocke überwintern
Da Cynara nicht winterhart ist, benötigt die Pflanze in kälteren Regionen einen guten Winterschutz. In milden Klimazonen können sie draußen überwintern, sollten aber vor starkem Frost geschützt werden.
Schneiden Sie zur Überwinterung im Herbst die Stängel der Gemüsestaude auf etwa 20 bis 30 cm zurück. Anschließend wird der Wurzelbereich mit einer dicken Schicht Mulch, Stroh oder Laub bedeckt, um die Pflanze vor der Kälte zu isolieren.
In besonders kalten Gegenden kann die Staude zusätzlich mit einem Gartenvlies oder Jutesäcken umwickelt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Pflanzen auszugraben und im Haus an einem kühlen, frostfreien Ort zu überwintern. Im Frühjahr, wenn keine Frostgefahr mehr besteht, können sie wieder ins Freiland gepflanzt werden.
Mögliche Krankheiten und Schädlinge
Artischocken sind recht robust, können jedoch von verschiedenen Krankheiten und Schädlingen befallen werden. Eine häufige Krankheit ist der Grauschimmel (Botrytis), der vor allem bei feuchten Bedingungen auftreten kann.
Er äußert sich durch eine graue, flauschige Schicht auf den Blättern und Stängeln. Um Grauschimmel zu verhindern, sollte für eine gute Belüftung der Pflanzen gesorgt und Staunässe vermieden werden.
Ein weiteres Problem kann der Echte Mehltau sein, der sich als weißer, pulverartiger Belag auf den Blättern zeigt. Auch hier hilft es, den Abstand zwischen den Pflanzen großzügig zu halten und sie regelmäßig zu lüften.
Bei den Schädlingen sind vor allem Blattläuse, Schnecken und Artischockenfliegen problematisch. Blattläuse können durch natürliche Fressfeinde wie Marienkäfer oder durch den Einsatz von biologischen Insektiziden bekämpft werden.
Schnecken richten vor allem bei jungen Pflanzen großen Schaden an und sollten regelmäßig abgesammelt oder durch Schneckenzäune ferngehalten werden. Die Artischockenfliege legt ihre Eier in die Knospen, wodurch die Pflanze Schaden nehmen kann. Hier hilft es, die befallenen Knospen frühzeitig zu entfernen und regelmäßig auf Schädlinge zu kontrollieren.
Studienbelege:
- 1Valentina Laghezza Masci, Enrica Alicandri, Chiara Antonelli, Anna Rita Paolacci, Rosita Marabottini 1, William Tomassi, Giuseppe Scarascia Mugnozza, Antonio Tiezzi, Stefania Garzoli, Vittorio Vinciguerra, Anna Maria Vettraino, Elisa Ovidi, Mario Ciaffi: Cynara cardunculus L. var. scolymus L. Landrace „Carciofo Ortano“ as a Source of Bioactive Compounds; in: Plants, Volume 13, Issue 6, 2024; PMID: 38592769 MDPI
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