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American Pie

6 Minuten Lesezeit

Als American Pie bezeichnet man einerseits gerne die Gesamtheit aller traditionellen Pie-Rezepte aus Amerika. Diese fallen insbesondere durch ihre kunstvolle Pie-Crust auf, die neben dem charakteristisch geriffelten Teigboden auch häufig eine eindrucksvolle Kuchendecke oder gar ein aufwändig gelegtes Teiggitter beinhaltet.

Andererseits gelten als Original American Pie auch die ältesten aller Pie Rezepte der Neuen Welt. Dabei wird oft hitzig darüber diskutiert, welcher Pie denn der wahre amerikanische Kult-Pie ist.

Das internationale Erbe des American Pie

Pies sind der Inbegriff der amerikanischen Gebäcktradition. Das geh sogar so weit, dass alljährlich am 23. Januar der National Pie Day gefeiert wird. Um aber die Frage zu klären, welches amerikanische Pie Rezept das älteste und somit der echte American Pie ist, muss man zunächst einen Blick auf die Entstehungsgeschichte von Pies an sich werfen.

 

Ein Kuchennest mit leckerer Füllung

Das Wort Pie stammt ursprünglich aus dem Englischen und ist in Großbritannien seit dem Jahr 1303 schriftlich belegt. Es tauchte damals zu aller erst in den Ausgabenkonten der Bolton Prioriy Church im County Yorkshire auf.

Vermutet wird, dass der Begriff zunächst für eine in Haufen arrangierte Ansammlung von Dingen war. Gemeint sind hier vornehmlich Erntehaufen aus Feldfrüchten, Getreide und Heu, aber auch mit Saaten oder Kartoffeln gefüllte Erdhaufen.

Entlehnt ist der Begriff Pie in diesem Zusammenhang dem englischen magpie für „Elster“. Der Rabenvogel ist dafür bekannt, schillernde und glitzernde Dinge zu sammeln und sie in seinem Nest anzuhäufen.

Gerade die Nestform heutiger Pies unterstützt die genannte Theorie zur Wortherkunft. Und in der Tat waren die ersten Pies des Mittelalters mit einem wahren Sammelsurium an Dingen gefüllt. Allerdings handelte es sich hierbei zunächst eher um „tierische Ansammlungen“ in der Piefüllung.

 

Fleischpastete, Tart und Käsekuchen als Vorgänger

Als Vorläufer des Pies gelten mittelalterliche Rezepte wie die Chewette, die mit allerlei wunderlichen Fleischstücken und Innereien, wie Leber, Hähnchen, Krähen-, Tauben-, Storchen-, Enten-, Lamm- oder Hasenfleisch gefüllt war.

Etwa zeitgleich zur Chewette, nach anderen Quellen etwa 200 Jahre zuvor, entwickelte sich zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert in Frankreich die Galette – ein flacher Kuchenfladen, den es ebenfalls in deftiger Ausführung mit Ei und Wurstfüllung oder aber als Frucht-Chewette gibt. Die eingeschlagene Teigkruste der Galette erinnert bereits sehr an die offenen Pies.

Die Galette bildete womöglich auch die Grundlage für die ab dem 15. Jahrhundert ebenfalls in Frankreich entstandenen Tartes und Tartelettes wie die Brombeer-Törtchen. Deren Kuchenbasis aus Mürbeteig geht wiederum auf den Käsekuchen zurück als dessen Erfinder die alten Griechen gelten und der auch bei deftigen Kuchenrezepten wie Quiche oder Zwiebelkuchen Pate stand.

 

Von Pastete, Tart und gedecktem Apfelkuchen

Im Grunde leiten sich Pie-Rezepte der Moderne also aus einer Art Fleischpastete im Teigmantel ab. Gerade die Pie-Variante mit Hähnchenfüllung ist dabei eigentlich nichts Neues, stammt das früheste Rezept für „Hähnchen-Pie“ doch von einer rund 4.000 Jahre alten sumerischen Schrifttafel.

Britische Rezepte wie der Shepherd’s Pie, Mince Pie oder der gewöhnungsbedürftige Stargazy Pie mit ganzen Fischen erinnern noch heute an diese fleischige Herkunft der modernen Pie Rezepte.

Speziell der Mince Pie zeigt hierbei auch auf, wie die Fleischfüllung im Laufe der Jahrhunderte mehr und mehr einer Fruchtfüllung wich. Denn Mince (englisch für Hackfleisch) findet man in modernen Mince Pies keineswegs.

Vielmehr ist dieser traditionelle britische Pie eine Miniaturausgabe des gedeckten Apfelkuchens und enthält traditionell eine Apfel-Rosinen-Füllung mit aromatischen Gewürzen wie Zimt oder Muskat.

Als Entstehungszeitraum für Pies dieser Art, die statt Fleisch oder Fisch Früchte enthielten, gilt das 15. Jahrhundert. Zunächst waren es vornehmlich Trockenfrüchte, da diese gemeinhin süßer waren als frische Früchte und Zucker zum Nachsüßen noch sehr teuer war.

Der erste dokumentierte Pie mit frischen Früchten ist diesbezüglich ein Kirschkuchen also Cherry Pie, der Königin Elisabeth I. im 16. Jahrhundert serviert wurde.

 

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Sieht aus wie ein Erdhaufen mit gut verstauten Leckereien: der America Pie | © Das Grüne Archiv

Original American Pie – Welcher ist es?

Ebenfalls im 16. Jahrhundert kamen mit den ersten europäischen Siedlern auch traditionelle Kuchenrezepte aus Europa nach Amerika. Allerdings schafften es nur wenige der altbekannten Zutaten in die neue Generation amerikanischer Pies. Schließlich ließen sich damals gerade Früchte während der langen Überfahrt auf dem Atlantik nur sehr schlecht lagern.

Wenn es also nicht gerade um Obstsorten wie Äpfel oder Heidelbeeren ging, die neben Europa auch in Amerika wuchsen, nutzte man für die Pie Rezepte der Neuen Welt überwiegend amerikanische Frucht- und gelegentlich auch Gemüsesorten.

Der Begriff American Pie beschreibt darum auch insbesondere Pie Rezepte mit speziell aus Amerika stammenden Zutaten für die Pie-Füllung. Die Konkurrenz um den Titel Original American Pie ist in diesem Zusammenhang recht groß. Die Anwärter:

 

Cranberry Pie

Cranberries wachsen ausschließlich in Amerika und hier speziell an der amerikanischen Nordwestküste. Cranberry Pie gab es in der Pie Küche bis zur Entdeckung Amerikas also nicht, weshalb er durchaus als amerikanischer Kult-Pie beschrieben werden darf. Mit einer regionalen Häufung im Norden Amerikas scheidet er als in ganz Amerika verbreiteter American Pie jedoch aus.

 

Cranberry Pie
Cranberry Pie mit klassischem Pie-Gitter  | © Das Grüne Archiv

 

Blueberry Pie

Cranberries gehören zur Gattung der Heidelbeeren und sind daher eng mit den Blaubeeren verwandt. Allerdings bezeichnet das Wort „Blueberry“ im Englischen alle Heidelbeerarten und die kommen auch in Europa natürlich vor.

Dass der Blueberry Pie oder Heidelbeerkuchen also gezielt in Amerika entstand, ist relativ unwahrscheinlich. Zudem gedeihen Blaubeeren ähnlich wie die artverwandten Cranberries ehr im Norden und Nordosten Amerikas. Erneut eine regionale Pie-Rezeptur also.

 

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Cape Cod Blueberry Pie | © Das Grüne Archiv

Sweet Potato Pie

Süßkartoffeln wachsen ähnlich wie Cranberries nur in Amerika. Afrikanische Sklaven hielten sie einst für eine amerikanische Art der in Afrika heimischen Yamswurzel und verwendeten sie daher häufig als Yams-Alternative.

So entstand schließlich auch der Sweet Potato Pie als eines der ältesten Rezepte in der afro-amerikanischen Küche. Verbreitungsschwerpunkt liegt hier im Süden Amerikas und in der Karibik. Abermals also kein kontinental verbreiteter American Pie.

 

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Klassiker der afro-amerikanischen Küche: Sweet Potato Pie | © Das Grüne Archiv

Pumpkin Pie

Dem Sweet Potato Pie sehr ähnlich sieht der Pumpkin Pie. Beide Pies faszinieren durch ihre orange Farbe und enthalten Zutaten, die ursprünglich aus Amerika stammen.

Doch wie der Sweet Potato Pie ist auch der Pumpkin Pie eine regionale Spezialität, die man maßgeblich im Süden der Vereinigten Staaten antrifft. Somit scheidet auch er als kontinentaler Klassiker der American Pies aus.

 

Pumpkin Pie
Pumpkin Pie als Erntekuchen | © Das Grüne Archiv

Apple Pie

Äpfel stellten im 16. Jahrhundert eine der wenigen Obstsorten, die sich noch vergleichsweise gut als Fracht auf Schiffen lagern ließen. Außerdem wuchsen zahlreiche Apfelsorten auch natürlich in Amerika. Apple Pie blieb darum als europäisches Kult-Rezept für Kuchen auch in der Neuen Welt erhalten.

Das berühmte Sprichwort „As American as Apple Pie“ lässt schon erahnen, dass der Original American Pie höchstwahrscheinlich ein Apfelkuchen war. Natürlich nicht irgendein Apfelkuchen, sondern der gedeckte Apfelkuchen.

 

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All-American Apple Pie | © Das Grüne Archiv

Original Rezept für All-American Apple Pie

Fragt man Amerikaner danach, welcher Pie der „real American Pie“ ist, bekommt man als Antwort fast immer All-American Apple Pie.

Schon lange vor seiner Erwähnung im ersten amerikanischen Kochbuch „American Cookery“ von Amelia Simmons taucht der Apple Pie in Allen Metcalfs Buch „America in So Many Words: Words that have Shaped America“ von 1697 auf.

Es ist davon auszugehen, dass sich aus dem europäischen Apple Pie zunächst der All-American Appl Pie mit seiner charakteristischen, geschlitzten Pie-Decke entwickelte. Abwandlungen mit alternativen Fruchtfüllungen wie Cranberries und künstlerisch gewebten oder geflochtenen Teiggittern dürften erst danach entstanden sein.

 

American Pie (All-American Apple Pie)

Die Apfelfüllung des auch als American Pie bekannten All-American Apple Pie erinnert auffällig an die von britischem Mince Pie und dem deutschen Apfelstrudel. Und genauso lecker schmeckt er auch.

Rezept-Zutaten:

  • 500 g Mehl
  • 200 g weiche Butter
  • 5 Äpfel (Granny Smith)
  • 1 Ei
  • 1 Tasse weißen Zucker
  • 1 Tasse braunen Zucker
  • 1 Tasse Rosinen
  • ½ Zitrone
  • ½ TL Zimt

Rezeptanweisungen:

Bereitet zunächst aus weißem Zucker, Ei, Butter und Mehl einen glatten Mürbeteig zu. Sollte er beim Kneten zu trocken erscheinen, könnt Ihr etwas kaltes Wasser hinzu geben. Formt aus dem Teig eine Kugel, wickelt sie in Frischhaltefolie und gebt diese für ca. 30 Minuten zum Ruhen in den Kühlschrank.

Nach der kurzen Ruhezeit nehmt ihr die Folie ab und teilt den Teig in zwei Hälften. Formt eine Hälfte zu einem kleinen Fladen und rollt ihn auf einer bemehlten Arbeitsfläche dünn aus. Der flache Teig kommt nun in eine geölte und mit Mehl bestäubte Pie-Form und wird im vorgeheizten Ofen bei 180 °C für 20 Minuten blind gebacken.

Unterdes schält, entkernt und würfelt Ihr die Äpfel. Gebt Sie im Anschluss mit den Rosinen, dem Saft einer halben Zitrone, Zimt und braunem Zucker in eine große Rührschüssel und mischt alles einmal kräftig durch. Die Apfelfüllung kommt danach auf die vorgebackene Pie Crust und zwar so, dass in der Mitte des Pies ein kleiner gewölbter Haufen entsteht.

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Apfelfüllung für den American (Apple) Pie | © Das Grüne Archiv

Für die Pie-Decke nehmt Ihr nun die verbliebene Teighälfte her. Formt sie wie schon die erste zu einem Fladen und rollt sie anschließend rundlich aus. Es hat sich bewährt, die Teigdecke mithilfe einer flachen Unterlage auf dem Kuchen abzulegen oder sie von der Unterlage aus auf den Kuchen zu kippen.

Ihr könnt nun den Rand der Pie-Decke noch etwas ausarbeiten, etwa indem Ihr mit den Fingern kleine Wellen in den Teigrand formt. Zu guter Letzt ritzt Ihr die Teigdecke mittig viermal ein, damit die Hitze gut in der Pie-Füllung zirkulieren kann. Der Kuchen wird nun bei 160 °C für 20 Minuten fertig gebacken.

Tipp: Wer möchte, kann den All-American Apple Pie danach noch mit Puderzucker bestäuben.

Bewertung des Redakteurs:
5

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